Es kommt nicht oft vor, wird aber mit großer Wahrscheinlichkeit falsch geschrieben – das Adjektiv hanebüchen. Meist wird es mit h geschrieben und gerne auch hahnebüchern, also mit r. Beides ist falsch, denn hanebüchen hat nichts mit Federvieh, und auch nichts mit bedrucktem Papier zu tun.
Verwendung
Es gibt hanebüchenen Unsinn, hanebüchene Lügen, jemand mag zu hanebüchener Unverfrorenheit neigen und etwas kann hanebüchen sein.
Bedeutung und Synonyme
Hanebüchen steht für unerhört, absurd, empörend, unmöglich, unglaublich, skandalös, bodenlos, ungeheuerlich, unmöglich, haarsträubend, himmelschreiend und haarsträubend.
Im übertragenen Sinne bedeutet hanebüchen derb, grob und knorrig.
Herkunft
Die übertragenen Bedeutungen von hanebüchen können wörtlich genommen werden, stammt das Wort doch von einem Baum, der Hainbuche, die wiederum aus Hagebuchenholz besteht.
Die Hage- oder Hainbuche verfügt über einen recht glatten, seilartig gedrehten Stamm, was ihm ein knorriges Aussehen verleiht. Das Holz gilt als besonders hart und widerstandsfähig. Eine Hainbuche ist keine Buche, sondern ein Birkengewächs und nicht mit der uns bekannten echten Buche, der Rotbuche, verwandt.
Hanebüchen stammt von einer älteren Form, dem Adjektiv hagebüchen, das wiederum von dem mittelhochdeutschen Wort hagen-büechîn (vom Holz der hagenbuoche (hainbuche, weissbuche)) kommt.
Exkurs
Im Wörterbuch der Brüder Grimm, das Mitte des 19. Jahrhunderts begonnen wurde, gibt es hanebüchen nicht. Im Duden übrigens erst seit 1929.
Die Grimms notieren hainbüchen, haimbüchen, hagenbüchen und heimbüchen, ergo hat sich im 19./20. Jahrhundert etwas verändert, sonst wären wir sprachlich nicht bei hanebüchen gelandet.
Hagen-dorn oder Hage-dorn steht im Mittelhochdeutschen für den Namen des Teufels.
Das Substantiv Hagestolz, der kauzige Junggeselle, beschreibt ursprünglich den Hagbesitzer, also den Besitzer eines mit Hagebuche umfriedeten Nebengutes. Hagestolz ist mit hanebüchen verwandt.
Was dem Deutschen der Hain, also die poetische Umschreibung eines Gehölzes oder Wäldchens, ist dem Deutschschweizer der Hag, was kein Kaffee, sondern mittelhochdeutsch hac (Dorngesträuch, Gebüsch; Gehege, Einfriedung) und althochdeutsch hag (Einhegung, (von einem Wall umgebene) Stadt, ursprünglich Flechtwerk, Zaun) ist. Wie öfter der Zusatz: Schweiz, sonst veraltet.
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Freitag, 20. Oktober 2017
Dienstag, 16. August 2016
schibbolethe & helvetismen: so richtig schoppen.
Jau, ganz richtig gelesen und auch kein Tippfehler! Es geht ums Schoppen, was lediglich im entfernten Sinne mit dem Shoppen zu tun hat und auch nichts mit dem Schoppen Wein oder Bier. Shoppen mache ich nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Beim Schoppen sieht es anders aus. Wenn auch nicht viel. Dem Schoppen gehen wir alle ab und an nach, denke ich.
Schibbolethe sind schön!
Ich fange besser vorne an. Mit dem Schibboleth. Das ist nämlich ein Erkennungszeichen, ein Losungswort und ein Merkmal. Letzteres trifft in diesem Fall zu, denn so ein Schibboleth kennzeichnet die sprachliche Herkunft, bzw. die sprachliche Besonderheit, mit der sich ein Sprecher einer regionalen oder/und sozialen Gruppe zuordnen lässt. Oder anders: Unsere Aussprache und unsere Wortwahl verraten unsere Herkunft. Schibbolethe können wir nämlich nicht einfach abstellen, meist wissen wir nicht einmal, dass wir welche haben.
Sie sind international und in allen Sprachen, bei allen Menschen und an allen Orten der Welt zu finden. Meine Abstammung ist gemischt, d. h. meine Schibbolethe kann ich zumeist im Ruhrgebiet verorten, was zuweilen deutlich hör- und erkennbar ist. Der Name der Nachbarstadt Dortmund ist so ein Beispiel, denn ich sage Doatmund. Immer. Oder Bannhoff, und nicht Bahnhof.
In der Schweiz! In der Schweiz! In der Schweiz!
Der weltbeste Mann, der eindeutig, nachweislich und auf jeden Fall meiner ist, ist Schweizer - und verfügt daher über eine Fülle von Schibbolethen. Von Haus aus und ohne große Anstrengung. Gut, er spricht nicht Deutsch wie Emil, der übrigens eine Schweizer Variante des ganz gewöhnlichen Standarddeutschen oder Schweizer Hochdeutsch spricht und nicht, wie wir oftmals glauben, einen Schweizer Dialekt zur Schau trägt - dennoch schimmert selbst bei meinem Gespons der helvetische Einschlag durch. Zum Beispiel bei der Betonung und der Aussprache - und bei der Wortwahl und der Wortbedeutung, womit wir bei den Helvetismen sind.
Schweizerdeutsch, das es so gar nicht gibt, nennt einen überreichen Schatz an Wörtern sein Eigen, die wir hier im Norden gar nicht kennen. Ja, richtig gehört, für ziemliche viele Schweizer bin ich als Bochumerin eine Norddeutsche, was daran liegt, dass alles südlich von, hm, sagen wir mal Karlsruhe sprachlich immer fremder wird. Das liegt wiederum daran, dass das Schweizer Standarddeutsch und die Schweizer Dialekte dem Alemannischen entstammen und keine eigene Sprache sind. Bevor die Empörung der Helveten über mich kommt, wechsel ich nonchalant zum Wort und Verb schoppen.
Rein oder raus: Schoppen im Süden und im Norden
Während ich, wenn ich schoppe, zum Beispiel ein T-Shirt ein wenig aus der Hose ziehe oder die Socken locker nach unten drappiere, sieht das bei meinem Herzallerliebsten ganz anders aus: Wenn er schoppt, stopft er Kleidung in Kleidung hinein. Wenn er sein T-Shirt schoppt, engt es ihn nicht wie bei mir ein und sitzt zu stramm - es hängt an ihm herum und er stopft es in die Hose. Ich ziehe rein, er heraus. Ich bausche (auf), er stopft (hinein). Bayern, Österreicher und Schweizer gehen dem Hineinstopfen nach, wir anderen dem Bauschen, alle schoppen wir.
Etymologisch kommt schoppen aus dem Mittelhochdeutschen und zwar von dem mittelhochdeutschen Verb schoppen, einer Intensivbildung des Verbes schieben. Interessanterweise lautete der althochdeutsche Vorgänger scioban und der gotische tiuhan - Sprache lebt. Wie und wann es zur genauen Bedeutungsänderung des Wortes schoppen gekommen ist, wie weit die 2. Lautverschiebung, die die Deutschschweizer Dialekte nur bedingt mitgemacht haben, damit zu tun hat - nun, das würde vielleicht zu weit führen.
Also, schnell das Deutscherschweizer Idiotikon, das Wörterbuch der Schweizer Mundarten, und das deutsche Pendant, Grimms Wörterbuch, aufgeschlagen und nachgeschaut. Und tada:
Belassen wir es dabei, dass alle, die Deutsch sprechen, Kleidung schieben. Manche rein, manche raus. So ist das halt mit den Schibbolethen. Und nun denke ich über gesmokte Blusen und das Smoken an sich nach ...
Schibbolethe sind schön!
Ich fange besser vorne an. Mit dem Schibboleth. Das ist nämlich ein Erkennungszeichen, ein Losungswort und ein Merkmal. Letzteres trifft in diesem Fall zu, denn so ein Schibboleth kennzeichnet die sprachliche Herkunft, bzw. die sprachliche Besonderheit, mit der sich ein Sprecher einer regionalen oder/und sozialen Gruppe zuordnen lässt. Oder anders: Unsere Aussprache und unsere Wortwahl verraten unsere Herkunft. Schibbolethe können wir nämlich nicht einfach abstellen, meist wissen wir nicht einmal, dass wir welche haben.
Sie sind international und in allen Sprachen, bei allen Menschen und an allen Orten der Welt zu finden. Meine Abstammung ist gemischt, d. h. meine Schibbolethe kann ich zumeist im Ruhrgebiet verorten, was zuweilen deutlich hör- und erkennbar ist. Der Name der Nachbarstadt Dortmund ist so ein Beispiel, denn ich sage Doatmund. Immer. Oder Bannhoff, und nicht Bahnhof.
In der Schweiz! In der Schweiz! In der Schweiz!
Der weltbeste Mann, der eindeutig, nachweislich und auf jeden Fall meiner ist, ist Schweizer - und verfügt daher über eine Fülle von Schibbolethen. Von Haus aus und ohne große Anstrengung. Gut, er spricht nicht Deutsch wie Emil, der übrigens eine Schweizer Variante des ganz gewöhnlichen Standarddeutschen oder Schweizer Hochdeutsch spricht und nicht, wie wir oftmals glauben, einen Schweizer Dialekt zur Schau trägt - dennoch schimmert selbst bei meinem Gespons der helvetische Einschlag durch. Zum Beispiel bei der Betonung und der Aussprache - und bei der Wortwahl und der Wortbedeutung, womit wir bei den Helvetismen sind.
Schweizerdeutsch, das es so gar nicht gibt, nennt einen überreichen Schatz an Wörtern sein Eigen, die wir hier im Norden gar nicht kennen. Ja, richtig gehört, für ziemliche viele Schweizer bin ich als Bochumerin eine Norddeutsche, was daran liegt, dass alles südlich von, hm, sagen wir mal Karlsruhe sprachlich immer fremder wird. Das liegt wiederum daran, dass das Schweizer Standarddeutsch und die Schweizer Dialekte dem Alemannischen entstammen und keine eigene Sprache sind. Bevor die Empörung der Helveten über mich kommt, wechsel ich nonchalant zum Wort und Verb schoppen.
Rein oder raus: Schoppen im Süden und im Norden
Während ich, wenn ich schoppe, zum Beispiel ein T-Shirt ein wenig aus der Hose ziehe oder die Socken locker nach unten drappiere, sieht das bei meinem Herzallerliebsten ganz anders aus: Wenn er schoppt, stopft er Kleidung in Kleidung hinein. Wenn er sein T-Shirt schoppt, engt es ihn nicht wie bei mir ein und sitzt zu stramm - es hängt an ihm herum und er stopft es in die Hose. Ich ziehe rein, er heraus. Ich bausche (auf), er stopft (hinein). Bayern, Österreicher und Schweizer gehen dem Hineinstopfen nach, wir anderen dem Bauschen, alle schoppen wir.
Etymologisch kommt schoppen aus dem Mittelhochdeutschen und zwar von dem mittelhochdeutschen Verb schoppen, einer Intensivbildung des Verbes schieben. Interessanterweise lautete der althochdeutsche Vorgänger scioban und der gotische tiuhan - Sprache lebt. Wie und wann es zur genauen Bedeutungsänderung des Wortes schoppen gekommen ist, wie weit die 2. Lautverschiebung, die die Deutschschweizer Dialekte nur bedingt mitgemacht haben, damit zu tun hat - nun, das würde vielleicht zu weit führen.
Also, schnell das Deutscherschweizer Idiotikon, das Wörterbuch der Schweizer Mundarten, und das deutsche Pendant, Grimms Wörterbuch, aufgeschlagen und nachgeschaut. Und tada:
Belassen wir es dabei, dass alle, die Deutsch sprechen, Kleidung schieben. Manche rein, manche raus. So ist das halt mit den Schibbolethen. Und nun denke ich über gesmokte Blusen und das Smoken an sich nach ...
Montag, 11. April 2016
redewendungen und rechtschreibung: wer zuerst kommt, mahlt zuerst.
Es mag Sie vielleicht erstaunen, doch die Redensart Wer zuerst kommt, mahlt zuerst hat rein gar nichts mit Malbüchern für Erwachsene und auch nicht mit den mehr oder weniger überzeugenden Kritzeleien Ihres Nachwuchses zu tun. Es geht schlicht und einfach ums Mahlen. Genauer: um das Mahlen von Mehl. Und ganz genau: Um eine Art gesetzliche Regelung des Mittelalters, in der das Mahlen von Mehl in der Mühlenordnung festgelegt war. Dementsprechend schreiben Sie bitte nicht malen, sondern mahlen - mit h. Dankeschön.
Falls Sie mehr wissen möchten, lesen Sie nun weiter. Die Redewendung ist kein sinnfreier Spruch, keine Bauernregel, keine christliche Belehrung - dahinter steckt etwas. Nämlich der Sachsenspiegel, der zwischen 1220 und 1235 entstand und das älteste Rechtsbuch ist, das wir haben. Vielleicht gab es ältere Aufzeichnungen, aber die haben wir leider nicht mehr, ergo:
Der Sachsenspiegel wurde von Eike von Repgow, der mit seiner Familie in Reppichau als Vasall der Erzbischöfe von Magdeburg lebte, geschrieben. (Wie und warum es die Repgows als Ostfalen aus Niedersachsen in die Provinz nach Sachsen-Anhalt verschlug, nun, das könnte prosaische Ursachen haben oder eine interessante Geschichte mit sich bringen - ich weiß es leider nicht.) Der Sachsenspiegel beruht (sehr wahrscheinlich) auf einem lateinischen Werk namens Auctor vetus de beneficiis und wir gehen davon aus, er wurde im Auftrag (von Kirche und/oder Adel) geschrieben und auch nicht alleine von Eike von Repgow. Im Sachsenspiegel geht es um Landrecht und Lehnrecht.
Der Sachsenspiegel ist eine ganz tolle Sache. Er ist nämlich nicht nur sehr alt, es handelt sich dabei auch um die erste Prosaliteratur, die in Mittelniederdeutsch verfasst wurde. (Weil wir nicht wissen, ob es davor noch etwas gab, gehen wir davon aus, es ist so.) Die Sache mit der Schriftlichkeit ist auch wichtig zu erwähnen, denn - aus welchen Gründen auch immer - war mittelalterliches Recht ein Gewohnheitsrecht, das mündlich überliefert wurde. Der Sachsenspiegel war so beliebt und erfolgreich, das er eine sehr große Verbreitung erfuhr, z. B. bis in die Niederlande, ins Baltikum, als Vorlage für andere Rechtsbücher galt und bis ins 19. Jahrhundert angewendet und verwendet wurde.
Eine der vielen Regelungen des Sachsenspiegels ist die Mühlenordnung. Müller war kein sonderlich ehrbarer Berufsstand, sie standen stetig im Verdacht falsch zu wiegen, zu messen und zu rechnen. Und weil das schlecht fürs Geschäft war, und die Landesherren sich nicht dauernd Beschwerden anhören mochten und Geld verdienen wollten, kam ihnen die Mühlenordnung sehr recht. Jedenfalls findet sich in dieser Ordnung der denkwürdige Satz: Die ok irst to der molen kumt, die sal erst malen. Heute heißt er: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Dennoch stammt genau dieses Sprichwort aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts, aus dem Sachsenspiegel und der Mühlenordnung.
Und wenn Sie nun doch etwas neugierig geworden sind und einen Blick in den Sachsenspiegel werfen möchten, so können Sie das problemlos und einfach: Der digitalisierte Sachsenspiegel steht für Sie bereit. Aber natürlich nur, wenn Sie in Zukunft Wer zuerst kommt, mahlt zuerst mit h schreiben.
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Foto: wortfeiler | Barbara Piontek |
Der Sachsenspiegel: von der Kürze in die Länge
Falls Sie mehr wissen möchten, lesen Sie nun weiter. Die Redewendung ist kein sinnfreier Spruch, keine Bauernregel, keine christliche Belehrung - dahinter steckt etwas. Nämlich der Sachsenspiegel, der zwischen 1220 und 1235 entstand und das älteste Rechtsbuch ist, das wir haben. Vielleicht gab es ältere Aufzeichnungen, aber die haben wir leider nicht mehr, ergo:
Der Sachsenspiegel wurde von Eike von Repgow, der mit seiner Familie in Reppichau als Vasall der Erzbischöfe von Magdeburg lebte, geschrieben. (Wie und warum es die Repgows als Ostfalen aus Niedersachsen in die Provinz nach Sachsen-Anhalt verschlug, nun, das könnte prosaische Ursachen haben oder eine interessante Geschichte mit sich bringen - ich weiß es leider nicht.) Der Sachsenspiegel beruht (sehr wahrscheinlich) auf einem lateinischen Werk namens Auctor vetus de beneficiis und wir gehen davon aus, er wurde im Auftrag (von Kirche und/oder Adel) geschrieben und auch nicht alleine von Eike von Repgow. Im Sachsenspiegel geht es um Landrecht und Lehnrecht.
Der Sachsenspiegel ist eine ganz tolle Sache. Er ist nämlich nicht nur sehr alt, es handelt sich dabei auch um die erste Prosaliteratur, die in Mittelniederdeutsch verfasst wurde. (Weil wir nicht wissen, ob es davor noch etwas gab, gehen wir davon aus, es ist so.) Die Sache mit der Schriftlichkeit ist auch wichtig zu erwähnen, denn - aus welchen Gründen auch immer - war mittelalterliches Recht ein Gewohnheitsrecht, das mündlich überliefert wurde. Der Sachsenspiegel war so beliebt und erfolgreich, das er eine sehr große Verbreitung erfuhr, z. B. bis in die Niederlande, ins Baltikum, als Vorlage für andere Rechtsbücher galt und bis ins 19. Jahrhundert angewendet und verwendet wurde.
Regeln über Regeln und eine Mühlenordnung
Eine der vielen Regelungen des Sachsenspiegels ist die Mühlenordnung. Müller war kein sonderlich ehrbarer Berufsstand, sie standen stetig im Verdacht falsch zu wiegen, zu messen und zu rechnen. Und weil das schlecht fürs Geschäft war, und die Landesherren sich nicht dauernd Beschwerden anhören mochten und Geld verdienen wollten, kam ihnen die Mühlenordnung sehr recht. Jedenfalls findet sich in dieser Ordnung der denkwürdige Satz: Die ok irst to der molen kumt, die sal erst malen. Heute heißt er: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Dennoch stammt genau dieses Sprichwort aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts, aus dem Sachsenspiegel und der Mühlenordnung.
Und wenn Sie nun doch etwas neugierig geworden sind und einen Blick in den Sachsenspiegel werfen möchten, so können Sie das problemlos und einfach: Der digitalisierte Sachsenspiegel steht für Sie bereit. Aber natürlich nur, wenn Sie in Zukunft Wer zuerst kommt, mahlt zuerst mit h schreiben.
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Donnerstag, 24. März 2016
der posamentierer posamentiert posamenterien.
Manchmal entdecke ich in den Online-Ausgaben der Zeitungen und Zeitschriften ein kleines und sehr feines Juwel. Zum Beispiel diesen Artikel, in dem es um alte Berufsbezeichnungen geht. Die haben es nämlich in sich. Obwohl sie tot sind. Vielleicht haben Sie die ein oder andere Bezeichnung einmal gehört, aber wissen dann doch nicht, was das sein soll.
Haben Sie schon einmal von einem Pocher gehört? Das ist nicht nur der Name des zuweilen nervigen Mannes, der über Ihren Bildschirm hüpft, nein, das war der zuständige Mensch im Pochwerk, wo Gestein zerstampft wurde. Gesellschaftlich angesehen waren weder die Arbeit noch der Pocher.
Um eine Idee von alten Berufen und den dazugehörigen Tätigkeiten zu bekommen, ja, dazu reicht der kurzweilige Artikel durchaus – und glücklicherweise listet er auch weiterführende Lesetipps.
Natürlich will ich mehr! Mehr Wissen und das jetzt und sofort!
Nehmen wir doch den Posamentierer. Das war einmal ein Beruf, der gar nicht so selten vorkam. Ich habe allerdings keinen blassen Schimmer, nicht einmal eine Ahnung, was der Mann gemacht hat. Posamentierer. Hm, sagt mir nichts, aber auch gar nichts.
Und ist ein Wort, an dem bereits die Rechtschreibprüfung meiner Textverarbeitung scheitert. Gehen Sie ruhig mal auf die Seite des Allzweckmittels, genau, auf www.duden.de und tippen Sie Posamentierer ein. Na, was passiert? Nicht viel und schlauer sind Sie nun auch nicht. Also, schnell auf Posamenterie geklickt, da muss es doch erklärt sein! Ich erfahre, dass es sich bei Posamenterien um Waren handelt und eine Posamenterie ein Geschäft ist, in dem Posamenterien angeboten werden. Hm, nun ja, das habe ich mir anders vorgestellt!
Also, flugs das Internet bemüht und schaumaleinerguck: Unter http://alteberufe.de (und auch http://www.historische-berufe.de) liegt er, der Hort der Informationen, der Quell mannigfaltiger Geschichten und die Möglichkeit, um stundenlang zu stöbern und zu lesen.
Und da habe ich ihn gefunden, den Posamentierer. Und nicht nur, warum er so hieß und was er den ganzen Tag gemacht hat, nein, ich kenne nun auch die üblichen und gebräuchlichen Bezeichnungen des Posamentierers. Hübsch, nicht?
Und jetzt haben wir Ostern, ein paar Feiertage stehen an, das Wetter soll eher durchwachsen werden und Sie haben eine Menge Zeit, um zu lesen, zu staunen und zu kichern - über alte Berufsbezeichnungen und Tätigkeiten, die es heute gar nicht mehr gibt.
Haben Sie schon einmal von einem Pocher gehört? Das ist nicht nur der Name des zuweilen nervigen Mannes, der über Ihren Bildschirm hüpft, nein, das war der zuständige Mensch im Pochwerk, wo Gestein zerstampft wurde. Gesellschaftlich angesehen waren weder die Arbeit noch der Pocher.
Um eine Idee von alten Berufen und den dazugehörigen Tätigkeiten zu bekommen, ja, dazu reicht der kurzweilige Artikel durchaus – und glücklicherweise listet er auch weiterführende Lesetipps.
Natürlich will ich mehr! Mehr Wissen und das jetzt und sofort!
Nehmen wir doch den Posamentierer. Das war einmal ein Beruf, der gar nicht so selten vorkam. Ich habe allerdings keinen blassen Schimmer, nicht einmal eine Ahnung, was der Mann gemacht hat. Posamentierer. Hm, sagt mir nichts, aber auch gar nichts.
Und ist ein Wort, an dem bereits die Rechtschreibprüfung meiner Textverarbeitung scheitert. Gehen Sie ruhig mal auf die Seite des Allzweckmittels, genau, auf www.duden.de und tippen Sie Posamentierer ein. Na, was passiert? Nicht viel und schlauer sind Sie nun auch nicht. Also, schnell auf Posamenterie geklickt, da muss es doch erklärt sein! Ich erfahre, dass es sich bei Posamenterien um Waren handelt und eine Posamenterie ein Geschäft ist, in dem Posamenterien angeboten werden. Hm, nun ja, das habe ich mir anders vorgestellt!
Also, flugs das Internet bemüht und schaumaleinerguck: Unter http://alteberufe.de (und auch http://www.historische-berufe.de) liegt er, der Hort der Informationen, der Quell mannigfaltiger Geschichten und die Möglichkeit, um stundenlang zu stöbern und zu lesen.
Und da habe ich ihn gefunden, den Posamentierer. Und nicht nur, warum er so hieß und was er den ganzen Tag gemacht hat, nein, ich kenne nun auch die üblichen und gebräuchlichen Bezeichnungen des Posamentierers. Hübsch, nicht?
Und jetzt haben wir Ostern, ein paar Feiertage stehen an, das Wetter soll eher durchwachsen werden und Sie haben eine Menge Zeit, um zu lesen, zu staunen und zu kichern - über alte Berufsbezeichnungen und Tätigkeiten, die es heute gar nicht mehr gibt.
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Dienstag, 5. Mai 2015
@ Michael Bauer. oder eine erwiderung.
Michael Bauer schrieb, so glaube ich, eine Antwort auf meinen letzten Artikel, der sich mit deutschen Dialekten und deutschen Hochsprache beschäftigt. Ich mag den Mann, seine Wortspielereien und seinen Humor. Daher hier meine Antwort, bzw. Erwiderung.
Lieber Michael,
ich bin mir nicht ganz sicher, was mir Dein Text sagen will. Dialekte sterben aus, aber das ist halt so? Du sprichst Dialekt, weil er für Dich dazugehört?
Ich finde, wir sollten vielleicht zuerst definieren, worüber wir reden. (Ja, die Philologin kommt zuweilen durch, was erlaubt sein mag. Ich kratze, versprochen, auch nur an der Oberfläche, sonst würde dieser Artikel ausarten und zwar gehörig.)
Der Regiolekt steht für Dialekt, Mundart, Regionalsprache oder auch das Idiom, d. h. eine lokal und/oder sozial abgegrenzte Sprachvariante oder den in einer Region gesprochenen Dialekt. Dialekte haben eine räumlich begrenzte Reichweite und verfügen über phonologische, morphologische und lexikale Eigenheiten, durch die sie sich von anderen regionalen Variationen und der Standardsprache unterscheiden. Regionalsprache reicht ein wenig weiter, so sind beispielsweise alemannische Variationen in Süddeutschland und der Deutschschweiz in unterschiedlichen Abstufungen verbreitet, aber dennoch regionale Ausprägungen lokal vorhanden, deren Abgrenzungen variieren. Außerhalb von dort, also beispielsweise in Norddeutschland, lösen alemannische Satz- und Wortkonstruktionen eher Stirnrunzeln und fragende Blicke aus.
Die Hochsprache entspricht der Schriftsprache, der Standardsprache, der Gemeinsprache, der Literatursprache, der Nationalsprache. Sie ist den lokalen Umgangssprachen übergeordnet, ist die allgemein (und national) verbindliche Sprachform, sie wird gesprochen und geschrieben; d. h. sie ist in einer Grammatik und Wörterbüchern kodifiziert und (sprachwissenschaftlich) das Gegenteil zur Umgangssprache. Sie ist überregional und in allen deutschsprachigen Regionen verständlich. Jetzt kann man weiter unterscheiden, wenn man davon ausgeht, dass es eine Standardsprache gar nicht gibt, sondern innerhalb des deutschen Sprachraums eher verschiedene Regionalstandards mit dialektalen Einsprengseln vorhanden sind. Darunter fallen zum Beispiel Helvetismen und Austriazismen, die wiederum als solche im Duden und anderen Wörterbüchern vermerkt werden. Alle deutschsprachigen Länder grenzen sich sprachlich voneinander ab, gehen ineinander über und übernehmen auch voneinander. Hochdeutsch ist eine Standardsprache, da sie unabhängig von Schicht und Region benutzt werden kann und wird.
Standardsprache und und Regiolekte verändern sich bewusst und unbewusst stetig, bzw. werden von uns, den Anwendern und Nutzern verändert. Sprache wird nicht erfunden, etwa von Gelehrten im stillen Kämmerlein, sie entsteht durch Einflüsse von Menschen – und wandelt sich stetig. Die Ergebnisse landen früher oder später im Duden, was zeigt, dass die Hochsprache kein statisches Konstrukt ist, sondern gelebte Sprache.
Die Standardsprache ist keine Richtlinie für alle anderen Variationen, sie liefert die Orientierung, die Leitlinie beim Spracherwerb und bei auftretenden Fragen. Wörterbücher, Grammatiken und Bücher, die bei Aussprache und Stil helfen, sind die Mittel und Nachschlagewerke zu diesem Zweck. Dialekte haben meist keine einheitliche Schrift, meist nicht einmal eine einheitliche Sprache, die Standardsprache schon. Sprachwissenschaftlich ist die Einordnung schwieriger, es lauern Fragen: Kann es einen Dialekt ohne Standardsprache geben? Ist die Hochsprache nicht eine Voraussetzung für den Regiolekt? Wieder ein weites Feld der Linguistik, dem ich Räume geben könnte.
Wie Du meinem Posting entnehmen kannst, verweigere ich keinem Regiolekt und auch keiner Schriftsprache ihre Ambivalenz, denn letztlich ist es genau das, was Sprache ausmacht – wir streiten und diskutieren über sie und ihre Auslegungen. Das tun nicht nur wir, das passiert in jedem Uni-Seminar, jeder Redaktion und auch bei Dudens.
Und ja, Dialekt ist ein Merkmal der Schichtzugehörigkeit (Soziolekt), was nicht gut oder schlecht ist, es ist einfach so. Die Durchmischung der sozialen Schichten hat sich aber in den letzten Jahrzehnten grundlegend geändert, die da oben, die sich durch Französisch abgegrenzt haben, gibt es so nicht mehr. Aber ist es nicht so, dass man sich durch eine stoische Nutzung des Dialektes genau so abgrenzt wie damals die da oben? Wenn ja, warum eigentlich?
Und dann haben wir auch die Veränderung, die Du an Deinen Kindern bemerkst: Sie haben eine andere Bildung erhalten, arbeiten nicht unbedingt vor Ort, sie kommen raus und rum. Dazu ein Beispiel: Meine Familie väterlicherseits stammt aus Ostpreußen, Ostvertriebene, die nach dem 2. Weltkrieg erst in Halle an der Saale landeten und, als es dort immer unfreier wurde, in das Ruhrgebiet kamen. Nicht freiwillig, weil es hier so schön war, sondern weil es Arbeit gab. Mein Opa hat Straßen gebaut, mein Vater das Einjährige. Mehr ging finanziell nicht, weil das Abitur Geld voraussetzte und mein Vater sich daher bei der Bundeswehr verpflichtete, um so mehr Bildung zu erlangen. Die Familie meiner Mutter ist im Münsterland und Ruhrgebiet verortet und Bildung hieß dort 7 Jahre Volksschule. Erst mir war es, dank 68ern und sozialem Aufstieg und einer Menge Arbeit meiner Eltern, möglich, die Universität zu besuchen.
Das sprachliche Durcheinander in meiner Familie kannst Du Dir ausmalen: Während meine Großmutter ostpreußische Variationen einbrachte, fluchte mein Opa (der sehr lange in russischer Kriegsgefangenschaft war) auch russisch und polnisch, wobei sie beide als bescheidene Protestanten stets um einwandfreies Hochdeutsch bemüht waren. Das hatten sie so in Ostpreußen gehandhabt und taten es auch hier. Ruhrdeutsch empfanden sie, und auch mein Vater, als amüsant, aber vulgär und nicht gerade schön. Die katholische Familie meiner Mutter brachte mir Ruhrdeutsch und Anteile Münsterländer Wortwahl bei, während ich mich bemühte Germanistik zu studieren und dementsprechend Dialekt und Hochsprache zu pflegen. Kurz: Meine Familie ist ein Musterexemplar des Ruhrgebietes, wo alle aus einem anderen Land, einer anderen Kultur und Sprachregion kommen. Macht aber nichts, wir werfen zusammen, sitzen an einem Tisch und tauschen uns aus. Aber: Unsere einzelnen Dialekte sterben aus, vermischen sich und ergeben quasi einen neuen Regiolekt. Und dann habe ich noch einen Schweizer mitgebracht und ertappe mich ab und an bei einem Helvetismus. Nun ja.
Ebenso ohne jegliche Wertung sind meine Beispiele zu sehen, wobei die Schweiz natürlich als beispielhaft gelten kann, da die Hochsprache oftmals eben nicht als übergeordnetes Gemeinsames mit den österreichischen und deutschen Nachbarn gilt. Was so auch wieder nicht stimmt, schließlich gibt es auch hier ein Schriftdeutsch, was unserem Hochdeutsch recht nahe kommt, Standarddeutsch, das ein wenig an das erinnert, was Emil uns in den 1970ern verkaufen wollte, und lokale Dialekte in zahllosen Variationen.
Es kommt vor, dass sich einige Schweizerinnen und Schweizer auch sprachlich unbedingt von uns, den Deutschen, abgrenzen möchten. Man mag es gut finden oder nicht, aber in der Deutschschweiz spricht der Professor Dialekt und der Bauer auch. Standesunterschiede? Nöö, den Adel, die blöden Habsburger, die ja nur vermeintliche Deutsche waren, hat man doch verjagt und fremde Vögte, also welche von auswärts, haben nichts zu melden, und dann stand doch der Adolf mal fast vor der Tür und nun sind sie wieder in Scharen da, Deutsche mit ihrem geschliffenen Hochdeutsch und ihrer direkten Art – da kann man sich ab- und vielleicht auch ausgrenzen, muss aber auch die Konsequenzen tragen, Stichwort Inseldasein.
Und kann es nicht auch sein, dass in der Deutschschweiz, und gerne auch in Süddeutschland, Standardsprache einfach ein zu schlechtes Image hat und genau das Unsinn ist? Weil Schriftsprache auch Möglichkeiten bietet. Weil Standardsprache bereichert und nicht einschränkt.
Warum lassen süddeutsche Politiker durchblicken, woher sie kommen? Um zu zeigen, wir sind aus dem Volk, genau so wie Du, also wähle mich, ich bin glaubwürdig, ich könnte Dein Nachbar sein. Die Sprache als Werkzeug und Mittel zum Zweck – auch ein Thema.
Tja, und dann der Süden Deutschlands an sich. Ist er beispielhaft oder übertrieben in seiner Dialektliebe? Dabei ist er doch nur ein Teil Deutschlands, und andere unken, Bayern ist sowieso nicht Deutschland …
Und dann gibt es noch Entwicklung und Historie der Dialekte und der Standardsprache. Ebenfalls ein weites Feld. Du merkst, ich sehe viele Ansätze und Möglichkeiten – worüber wollen wir reden?
PS: Ich plädiere übrigens für das Blog. Duden sagt, es heißt das, der geht aber auch. Immerhin brauchen wir über den Plural nicht zu reden, die geht immer :)
PPS: Dazu ein Link zu einem Artikel, der sich mit dem Blog-Thema befasst.
Lieber Michael,
ich bin mir nicht ganz sicher, was mir Dein Text sagen will. Dialekte sterben aus, aber das ist halt so? Du sprichst Dialekt, weil er für Dich dazugehört?
Ich finde, wir sollten vielleicht zuerst definieren, worüber wir reden. (Ja, die Philologin kommt zuweilen durch, was erlaubt sein mag. Ich kratze, versprochen, auch nur an der Oberfläche, sonst würde dieser Artikel ausarten und zwar gehörig.)
Der Regiolekt steht für Dialekt, Mundart, Regionalsprache oder auch das Idiom, d. h. eine lokal und/oder sozial abgegrenzte Sprachvariante oder den in einer Region gesprochenen Dialekt. Dialekte haben eine räumlich begrenzte Reichweite und verfügen über phonologische, morphologische und lexikale Eigenheiten, durch die sie sich von anderen regionalen Variationen und der Standardsprache unterscheiden. Regionalsprache reicht ein wenig weiter, so sind beispielsweise alemannische Variationen in Süddeutschland und der Deutschschweiz in unterschiedlichen Abstufungen verbreitet, aber dennoch regionale Ausprägungen lokal vorhanden, deren Abgrenzungen variieren. Außerhalb von dort, also beispielsweise in Norddeutschland, lösen alemannische Satz- und Wortkonstruktionen eher Stirnrunzeln und fragende Blicke aus.
Die Hochsprache entspricht der Schriftsprache, der Standardsprache, der Gemeinsprache, der Literatursprache, der Nationalsprache. Sie ist den lokalen Umgangssprachen übergeordnet, ist die allgemein (und national) verbindliche Sprachform, sie wird gesprochen und geschrieben; d. h. sie ist in einer Grammatik und Wörterbüchern kodifiziert und (sprachwissenschaftlich) das Gegenteil zur Umgangssprache. Sie ist überregional und in allen deutschsprachigen Regionen verständlich. Jetzt kann man weiter unterscheiden, wenn man davon ausgeht, dass es eine Standardsprache gar nicht gibt, sondern innerhalb des deutschen Sprachraums eher verschiedene Regionalstandards mit dialektalen Einsprengseln vorhanden sind. Darunter fallen zum Beispiel Helvetismen und Austriazismen, die wiederum als solche im Duden und anderen Wörterbüchern vermerkt werden. Alle deutschsprachigen Länder grenzen sich sprachlich voneinander ab, gehen ineinander über und übernehmen auch voneinander. Hochdeutsch ist eine Standardsprache, da sie unabhängig von Schicht und Region benutzt werden kann und wird.
Standardsprache und und Regiolekte verändern sich bewusst und unbewusst stetig, bzw. werden von uns, den Anwendern und Nutzern verändert. Sprache wird nicht erfunden, etwa von Gelehrten im stillen Kämmerlein, sie entsteht durch Einflüsse von Menschen – und wandelt sich stetig. Die Ergebnisse landen früher oder später im Duden, was zeigt, dass die Hochsprache kein statisches Konstrukt ist, sondern gelebte Sprache.
Die Standardsprache ist keine Richtlinie für alle anderen Variationen, sie liefert die Orientierung, die Leitlinie beim Spracherwerb und bei auftretenden Fragen. Wörterbücher, Grammatiken und Bücher, die bei Aussprache und Stil helfen, sind die Mittel und Nachschlagewerke zu diesem Zweck. Dialekte haben meist keine einheitliche Schrift, meist nicht einmal eine einheitliche Sprache, die Standardsprache schon. Sprachwissenschaftlich ist die Einordnung schwieriger, es lauern Fragen: Kann es einen Dialekt ohne Standardsprache geben? Ist die Hochsprache nicht eine Voraussetzung für den Regiolekt? Wieder ein weites Feld der Linguistik, dem ich Räume geben könnte.
Wie Du meinem Posting entnehmen kannst, verweigere ich keinem Regiolekt und auch keiner Schriftsprache ihre Ambivalenz, denn letztlich ist es genau das, was Sprache ausmacht – wir streiten und diskutieren über sie und ihre Auslegungen. Das tun nicht nur wir, das passiert in jedem Uni-Seminar, jeder Redaktion und auch bei Dudens.
Und ja, Dialekt ist ein Merkmal der Schichtzugehörigkeit (Soziolekt), was nicht gut oder schlecht ist, es ist einfach so. Die Durchmischung der sozialen Schichten hat sich aber in den letzten Jahrzehnten grundlegend geändert, die da oben, die sich durch Französisch abgegrenzt haben, gibt es so nicht mehr. Aber ist es nicht so, dass man sich durch eine stoische Nutzung des Dialektes genau so abgrenzt wie damals die da oben? Wenn ja, warum eigentlich?
Und dann haben wir auch die Veränderung, die Du an Deinen Kindern bemerkst: Sie haben eine andere Bildung erhalten, arbeiten nicht unbedingt vor Ort, sie kommen raus und rum. Dazu ein Beispiel: Meine Familie väterlicherseits stammt aus Ostpreußen, Ostvertriebene, die nach dem 2. Weltkrieg erst in Halle an der Saale landeten und, als es dort immer unfreier wurde, in das Ruhrgebiet kamen. Nicht freiwillig, weil es hier so schön war, sondern weil es Arbeit gab. Mein Opa hat Straßen gebaut, mein Vater das Einjährige. Mehr ging finanziell nicht, weil das Abitur Geld voraussetzte und mein Vater sich daher bei der Bundeswehr verpflichtete, um so mehr Bildung zu erlangen. Die Familie meiner Mutter ist im Münsterland und Ruhrgebiet verortet und Bildung hieß dort 7 Jahre Volksschule. Erst mir war es, dank 68ern und sozialem Aufstieg und einer Menge Arbeit meiner Eltern, möglich, die Universität zu besuchen.
Das sprachliche Durcheinander in meiner Familie kannst Du Dir ausmalen: Während meine Großmutter ostpreußische Variationen einbrachte, fluchte mein Opa (der sehr lange in russischer Kriegsgefangenschaft war) auch russisch und polnisch, wobei sie beide als bescheidene Protestanten stets um einwandfreies Hochdeutsch bemüht waren. Das hatten sie so in Ostpreußen gehandhabt und taten es auch hier. Ruhrdeutsch empfanden sie, und auch mein Vater, als amüsant, aber vulgär und nicht gerade schön. Die katholische Familie meiner Mutter brachte mir Ruhrdeutsch und Anteile Münsterländer Wortwahl bei, während ich mich bemühte Germanistik zu studieren und dementsprechend Dialekt und Hochsprache zu pflegen. Kurz: Meine Familie ist ein Musterexemplar des Ruhrgebietes, wo alle aus einem anderen Land, einer anderen Kultur und Sprachregion kommen. Macht aber nichts, wir werfen zusammen, sitzen an einem Tisch und tauschen uns aus. Aber: Unsere einzelnen Dialekte sterben aus, vermischen sich und ergeben quasi einen neuen Regiolekt. Und dann habe ich noch einen Schweizer mitgebracht und ertappe mich ab und an bei einem Helvetismus. Nun ja.
Ebenso ohne jegliche Wertung sind meine Beispiele zu sehen, wobei die Schweiz natürlich als beispielhaft gelten kann, da die Hochsprache oftmals eben nicht als übergeordnetes Gemeinsames mit den österreichischen und deutschen Nachbarn gilt. Was so auch wieder nicht stimmt, schließlich gibt es auch hier ein Schriftdeutsch, was unserem Hochdeutsch recht nahe kommt, Standarddeutsch, das ein wenig an das erinnert, was Emil uns in den 1970ern verkaufen wollte, und lokale Dialekte in zahllosen Variationen.
Es kommt vor, dass sich einige Schweizerinnen und Schweizer auch sprachlich unbedingt von uns, den Deutschen, abgrenzen möchten. Man mag es gut finden oder nicht, aber in der Deutschschweiz spricht der Professor Dialekt und der Bauer auch. Standesunterschiede? Nöö, den Adel, die blöden Habsburger, die ja nur vermeintliche Deutsche waren, hat man doch verjagt und fremde Vögte, also welche von auswärts, haben nichts zu melden, und dann stand doch der Adolf mal fast vor der Tür und nun sind sie wieder in Scharen da, Deutsche mit ihrem geschliffenen Hochdeutsch und ihrer direkten Art – da kann man sich ab- und vielleicht auch ausgrenzen, muss aber auch die Konsequenzen tragen, Stichwort Inseldasein.
Und kann es nicht auch sein, dass in der Deutschschweiz, und gerne auch in Süddeutschland, Standardsprache einfach ein zu schlechtes Image hat und genau das Unsinn ist? Weil Schriftsprache auch Möglichkeiten bietet. Weil Standardsprache bereichert und nicht einschränkt.
Warum lassen süddeutsche Politiker durchblicken, woher sie kommen? Um zu zeigen, wir sind aus dem Volk, genau so wie Du, also wähle mich, ich bin glaubwürdig, ich könnte Dein Nachbar sein. Die Sprache als Werkzeug und Mittel zum Zweck – auch ein Thema.
Tja, und dann der Süden Deutschlands an sich. Ist er beispielhaft oder übertrieben in seiner Dialektliebe? Dabei ist er doch nur ein Teil Deutschlands, und andere unken, Bayern ist sowieso nicht Deutschland …
Und dann gibt es noch Entwicklung und Historie der Dialekte und der Standardsprache. Ebenfalls ein weites Feld. Du merkst, ich sehe viele Ansätze und Möglichkeiten – worüber wollen wir reden?
PS: Ich plädiere übrigens für das Blog. Duden sagt, es heißt das, der geht aber auch. Immerhin brauchen wir über den Plural nicht zu reden, die geht immer :)
PPS: Dazu ein Link zu einem Artikel, der sich mit dem Blog-Thema befasst.
Montag, 27. April 2015
sprechen wir es aus: deutsche dialekte und deutsche hochsprache.
Dialekt ist angesagt, zumindest als Thema: Neben dem Test namens Moin, Grüezi, Servus - wie wir wo sprechen, der überraschend zielgenau ist, finden sich immer wieder Artikel, die auf den Verfall und das Aussterben der Dialekte hinweisen. Heute hat Spiegel Online wieder einen rausgehauen, der mich zum Nachdenken bringt.
Es geht um das Image von Dialekten und Dialektsprechern - und den Umgang mit dem heimischen Dialekt.
Ich tue mich schwer, eine Variante zu bevorzugen, für mich dürfen, können und sollen beide nebeneinander existieren. Es ist schön und gut, wenn man beide beherrscht, den lokalen Dialekt und die Hochsprache. Was mich irritiert, ist die Bevorzugung und Betonung einer Seite, sie gehören zusammen, sind sie doch lediglich Variationen oder Ausprägungen.
Die Realität weicht oft von meiner Sichtweise ab: Während in Deutschland Dialektsprecher als dumm oder ungebildeter angesehen werden, sieht es in der Schweiz und in Österreich anders aus, denn dort wird die eigene Identität, das Wohlfühlgefühl, die Verbundenheit untereinander und mit der Heimat sehr stark mit dem eigenen Dialekt in Verbindung gebracht. Meinetwegen, wenn es nicht in Patriotismus und Nationalismus ausartet – und andere ausgrenzt.
Die Koexistenz von Dialekt und Hochsprache scheint schwierig zu sein. Hochsprache wird schon einmal als blasiert, hart oder auch direkt angesehen, während der heimische Dialekt bevorzugt und gestreichelt wird. Dabei wird gerne vergessen, dass das sogenannte Schriftdeutsch doch auch die Mutter- oder Vatersprache ist und vornehmlich einem Sinn und Zweck dient: der Verständigung, dem Austausch und dem Miteinander. Und das funktioniert sehr viel leichter, wenn es einen gemeinsamen Nenner gibt, der in diesem Fall für Deutschland, Österreich und die Schweiz wie am Schnürchen laufen könnte.
Könnte, weil es leider nicht immer so ist, wie der Artikel vorgibt: Nicht alle Dialektsprecher sind ungemein versiert, weil mehrsprachig, und beherrschen Hochsprache und Dialekt. Eigentlich logisch, denn eine Sprache fluppt nicht so reibungslos, wenn ich sie nicht benutze und sie mir fremd, ungewohnt und unbehaglich ist. Dann fehlen Worte und Wörter, Redewendungen klingen unbekannt und die Sprachmelodie mutet hölzern an. Und dann passiert das, was passieren kann: Die Verständigung klemmt, betretenes Schweigen trifft auf und wir tun uns schwer mit- und untereinander. Da wäre es doch besser, einfach zwischen Dialekt und Standardsprache hin- und herschalten zu können, oder?
Immer wieder lese und höre ich den Vorwurf, die deutschen Dialekte sterben aus. Ist es so? Und wenn, ist es unbedingt schlecht? Es gibt eine andere Seite zu bedenken: Dialektsprecher, die sich vehement und bedingungslos für die eigenen, lokalen Sprachgewohnheiten einsetzen, wollen sich oft gar nicht austauschen, sie wollen sich meist lieber auf sicherem Terrain bewegen oder meist gar nicht bewegen oder verändern. Die anderen, fremden, neuen, nicht seit dem Mittelalter im Ort ansässigen Menschen sollen sich nämlich bewegen, sie sollen sich anpassen, besser noch assimilieren – und sprachlich dazugehören, weil dann die Welt in Ordnung ist.
Eigene Sprachmerkmale, liebgewonnene Ausdrucksweisen, einseitige Sichtweisen sind wichtiger als die der anderen, die gehören unter den Teppich und sollen die Klappe halten. Daraus entsteht eine selbstgewählte Isolation, die nicht auf Veränderung, Bewegung und Kommunikation abzielt, man bleibt unter sich, alles bleibt so, wie es ist, und gut ist. Das ist der Preis, wenn keine Offenheit vorhanden ist und die gemeinsame Basis an der Nasespitze endet. Oder Hochsprache und Dialekt dürfen neben- und miteinander sein - das wäre eine Alternative, eine Möglichkeit, die alle berücksichtigt.
In Deutschland bekommen wir von Geburt an eingetrichtert, Hochdeutsch ist die Bildungssprache und wer nur und fast nur Dialekt spricht, versaut sich Chancen auf höhere Bildung, sozialen Aufstieg, bessere Berufswahl und variable Arbeitsplätze. Ergo lernen wir zu Hause (immer im Rahmen der Möglichkeiten) Hochdeutsch, sprechen im Kindergarten Hochdeutsch und in der Schule auch – alles im Bewusstsein, der Dialekt hat seine Existenzberechtigung, aber er gehört in die Freizeit oder an den Stammtisch.
Das klingt für Österreicher und Schweizer vielleicht dogmatisch, ist es aber nur, wenn eine Variante bevorzugt wird und nicht beide gleichberechtigt nebeneinander sein dürfen. Denn üblicherweise können sich Ostfriesen, Sachsen und Bayern miteinander austauschen und reden, alle lernen und beherrschen mehr oder weniger eine Sprache, die sie unter einem Label eint – Hochdeutsch, mit zuweilen charmanten Einsprengseln des eigenen Lokalkolorits.
Es geht auch anders: Nehmen wir die Schweiz, wo der Dialekt gerne mal gepriesen wird und das Schriftdeutsche zuweilen als Bühnendeutsch abgetan und vermieden wird. So klein die Schweiz erscheinen mag, sie ist reich an Dialekten, die alle paar Kilometer wechseln. Das weiß man, kennt man, akzeptiert man und spricht miteinander. Dort lernt man meist ausschließlich Dialekt, mit 5 oder 6 Jahren kommt man üblicherweise und je nach Kanton für 1 oder 2 Jahre in die erste Klasse, den Kindergarten. Dort, und manchmal auch erst später, wird Deutsch als Schriftsprache gelernt, wie in deutschen Gefilden Englisch oder Französisch. Im Ergebnis wird die deutsche Hochsprache, die eine der 4 Landessprachen ist, als Fremdsprache empfunden und gelehrt. Das bringt oftmals eine Abneigung gegen die fremde Sprache, die im großen Kanton im Norden gesprochen wird, mit sich: Missverständnisse tauchen in der Kommunikation auf, unüberwindbare Barrieren ergeben sich. Schade, denn wir und die Deutschschweizer haben doch eine gemeinsame Basis. Wir könnten miteinander und nebeneinander, auch sprachlich.
Und jetzt mal ehrlich: Wir handeln global, reisen durch und in alle Länder der Welt, aber geht es um die eigene Sprache, die alltägliche oder schriftliche, dann handeln wir regional, lokal und sind auf einmal ganz klein.
Warum nur schränken wir uns ein, bauen Grenzen auf und machen uns gegenseitig Vorschriften? Weil das Fremde fremd ist und heimatliche Klänge Zuhause sind? Warum bereichern wir uns nicht, indem wir Möglichkeiten nutzen, statt sie verbauen?
Und wenn wir untereinander, also zwischen den einzelnen deutschen Dialektgebieten schon keinen gemeinsamen Nenner finden und nutzen wollen oder können, den die deutsche Hochsprache bietet, und jeder auf seinem Recht und Vorrang beharrt, wie, ja wie eigentlich, wollen, können und sollen wir das mit Besuchern, Gästen, Freunden, Familienmitgliedern, Kulturen, Mentalitäten und Hilfsbedürftigen aus anderen Ländern hinkriegen?
Ich tue mich schwer, eine Variante zu bevorzugen, für mich dürfen, können und sollen beide nebeneinander existieren. Es ist schön und gut, wenn man beide beherrscht, den lokalen Dialekt und die Hochsprache. Was mich irritiert, ist die Bevorzugung und Betonung einer Seite, sie gehören zusammen, sind sie doch lediglich Variationen oder Ausprägungen.
Die Realität weicht oft von meiner Sichtweise ab: Während in Deutschland Dialektsprecher als dumm oder ungebildeter angesehen werden, sieht es in der Schweiz und in Österreich anders aus, denn dort wird die eigene Identität, das Wohlfühlgefühl, die Verbundenheit untereinander und mit der Heimat sehr stark mit dem eigenen Dialekt in Verbindung gebracht. Meinetwegen, wenn es nicht in Patriotismus und Nationalismus ausartet – und andere ausgrenzt.
Die Koexistenz von Dialekt und Hochsprache scheint schwierig zu sein. Hochsprache wird schon einmal als blasiert, hart oder auch direkt angesehen, während der heimische Dialekt bevorzugt und gestreichelt wird. Dabei wird gerne vergessen, dass das sogenannte Schriftdeutsch doch auch die Mutter- oder Vatersprache ist und vornehmlich einem Sinn und Zweck dient: der Verständigung, dem Austausch und dem Miteinander. Und das funktioniert sehr viel leichter, wenn es einen gemeinsamen Nenner gibt, der in diesem Fall für Deutschland, Österreich und die Schweiz wie am Schnürchen laufen könnte.
Könnte, weil es leider nicht immer so ist, wie der Artikel vorgibt: Nicht alle Dialektsprecher sind ungemein versiert, weil mehrsprachig, und beherrschen Hochsprache und Dialekt. Eigentlich logisch, denn eine Sprache fluppt nicht so reibungslos, wenn ich sie nicht benutze und sie mir fremd, ungewohnt und unbehaglich ist. Dann fehlen Worte und Wörter, Redewendungen klingen unbekannt und die Sprachmelodie mutet hölzern an. Und dann passiert das, was passieren kann: Die Verständigung klemmt, betretenes Schweigen trifft auf und wir tun uns schwer mit- und untereinander. Da wäre es doch besser, einfach zwischen Dialekt und Standardsprache hin- und herschalten zu können, oder?
Immer wieder lese und höre ich den Vorwurf, die deutschen Dialekte sterben aus. Ist es so? Und wenn, ist es unbedingt schlecht? Es gibt eine andere Seite zu bedenken: Dialektsprecher, die sich vehement und bedingungslos für die eigenen, lokalen Sprachgewohnheiten einsetzen, wollen sich oft gar nicht austauschen, sie wollen sich meist lieber auf sicherem Terrain bewegen oder meist gar nicht bewegen oder verändern. Die anderen, fremden, neuen, nicht seit dem Mittelalter im Ort ansässigen Menschen sollen sich nämlich bewegen, sie sollen sich anpassen, besser noch assimilieren – und sprachlich dazugehören, weil dann die Welt in Ordnung ist.
Eigene Sprachmerkmale, liebgewonnene Ausdrucksweisen, einseitige Sichtweisen sind wichtiger als die der anderen, die gehören unter den Teppich und sollen die Klappe halten. Daraus entsteht eine selbstgewählte Isolation, die nicht auf Veränderung, Bewegung und Kommunikation abzielt, man bleibt unter sich, alles bleibt so, wie es ist, und gut ist. Das ist der Preis, wenn keine Offenheit vorhanden ist und die gemeinsame Basis an der Nasespitze endet. Oder Hochsprache und Dialekt dürfen neben- und miteinander sein - das wäre eine Alternative, eine Möglichkeit, die alle berücksichtigt.
In Deutschland bekommen wir von Geburt an eingetrichtert, Hochdeutsch ist die Bildungssprache und wer nur und fast nur Dialekt spricht, versaut sich Chancen auf höhere Bildung, sozialen Aufstieg, bessere Berufswahl und variable Arbeitsplätze. Ergo lernen wir zu Hause (immer im Rahmen der Möglichkeiten) Hochdeutsch, sprechen im Kindergarten Hochdeutsch und in der Schule auch – alles im Bewusstsein, der Dialekt hat seine Existenzberechtigung, aber er gehört in die Freizeit oder an den Stammtisch.
Das klingt für Österreicher und Schweizer vielleicht dogmatisch, ist es aber nur, wenn eine Variante bevorzugt wird und nicht beide gleichberechtigt nebeneinander sein dürfen. Denn üblicherweise können sich Ostfriesen, Sachsen und Bayern miteinander austauschen und reden, alle lernen und beherrschen mehr oder weniger eine Sprache, die sie unter einem Label eint – Hochdeutsch, mit zuweilen charmanten Einsprengseln des eigenen Lokalkolorits.
Es geht auch anders: Nehmen wir die Schweiz, wo der Dialekt gerne mal gepriesen wird und das Schriftdeutsche zuweilen als Bühnendeutsch abgetan und vermieden wird. So klein die Schweiz erscheinen mag, sie ist reich an Dialekten, die alle paar Kilometer wechseln. Das weiß man, kennt man, akzeptiert man und spricht miteinander. Dort lernt man meist ausschließlich Dialekt, mit 5 oder 6 Jahren kommt man üblicherweise und je nach Kanton für 1 oder 2 Jahre in die erste Klasse, den Kindergarten. Dort, und manchmal auch erst später, wird Deutsch als Schriftsprache gelernt, wie in deutschen Gefilden Englisch oder Französisch. Im Ergebnis wird die deutsche Hochsprache, die eine der 4 Landessprachen ist, als Fremdsprache empfunden und gelehrt. Das bringt oftmals eine Abneigung gegen die fremde Sprache, die im großen Kanton im Norden gesprochen wird, mit sich: Missverständnisse tauchen in der Kommunikation auf, unüberwindbare Barrieren ergeben sich. Schade, denn wir und die Deutschschweizer haben doch eine gemeinsame Basis. Wir könnten miteinander und nebeneinander, auch sprachlich.
Und jetzt mal ehrlich: Wir handeln global, reisen durch und in alle Länder der Welt, aber geht es um die eigene Sprache, die alltägliche oder schriftliche, dann handeln wir regional, lokal und sind auf einmal ganz klein.
Warum nur schränken wir uns ein, bauen Grenzen auf und machen uns gegenseitig Vorschriften? Weil das Fremde fremd ist und heimatliche Klänge Zuhause sind? Warum bereichern wir uns nicht, indem wir Möglichkeiten nutzen, statt sie verbauen?
Und wenn wir untereinander, also zwischen den einzelnen deutschen Dialektgebieten schon keinen gemeinsamen Nenner finden und nutzen wollen oder können, den die deutsche Hochsprache bietet, und jeder auf seinem Recht und Vorrang beharrt, wie, ja wie eigentlich, wollen, können und sollen wir das mit Besuchern, Gästen, Freunden, Familienmitgliedern, Kulturen, Mentalitäten und Hilfsbedürftigen aus anderen Ländern hinkriegen?
Dienstag, 9. September 2014
sprachmitbringsel aus dem 1. weltkrieg.
In diesen Tagen jährt sich der Beginn des Ersten Weltkriegs – ein einschneidendes Erlebnis für viele Menschen: Es war der erste moderne Krieg, mit entsprechenden inneren und äußeren Verletzungen. Unbekannt sind zumeist die sprachlichen Auswirkungen, die in unserem täglichen Sprachgebrauch nachhallen.
Amerikaner und Briten sprachen zwar eine Sprache, scheiterten aber oft an den Feinheiten. Die Briten, Inder und Waliser in ihren Reihen verstanden die Franzosen nicht, was umgekehrt kaum anders war. Die Alliierten verpflichteten z. B. chinesische Arbeiter, russischsprachige jüdische Immigranten marschierten ebenso mit wie das Heer aus Österreich-Ungarn. Insgesamt kämpften Truppen aus 135 Ländern Seite an Seite – eine sprachliche Herausforderung.
Hören wir dicke Luft, denken wir eher an eine aufgeladene Atmosphäre, wie vor oder nach einem Streit oder Konflikt. Vielleicht kommt noch der Gedanke an die dicke Luft des Ruhrgebietes auf. Bekannt ist der Ausdruck bereits seit dem 17. Jahrhundert, bekannt wurde er durch den 1. Weltkrieg, als die Luft voller Granatsplitter und feindlicher Geschosse war und als dick bezeichnet wurde.
Krieg kurbelt nicht nur die Wirtschaft an, er bringt auch immer technische Neuerungen mit sich: Der Fallschirm und das Fernglas sind solche Errungenschaften, die es erstmals 1915 in den Duden schafften. Ebenso erging es dem U-Boot, das vor 1916 Tauchboot oder Unterseeboot genannt wurde. Ferngläser waren für den Normalbürger damals unerschwinglich, während Fallschirme als begehrte Geschenke galten, deren hochwertige Seide Frauen als Grundlage für Kleidung diente.
Während wir mit dem Wort Blindgänger einen Feigling oder Versager beschreiben, handelt es sich dabei ursprünglich um ein Geschoss, das nicht detonierte. Die übertragene Bedeutung gab es auch vor 100 Jahren schon, denn ein Soldat, der sich übertrieben schnell in Sicherheit brachte, wurde Blindgänger genannt. Nicht ganz unbegründet, denn nicht immer funktionierten die Waffen wie geplant, aber ein echter Mann … nun ja, Ihr wisst schon.
Grimms Wörterbuch kennt das Kanonenfutter bereits seit 1873 und verweist auf Shakespeares Stück Heinrich IV., in dem Falstaff Soldaten, deren Leben keinen Wert hat, Food for powder nennt. Im Ersten Weltkrieg wurde der Ausdruck Kanonenfutter sehr häufig verwendet und dementsprechend sozialisiert.
Verbinden wir den Trenchcoat heute eher mit Humphrey Bogart in Casablanca, so gibt das Wort an sich bereits den Ursprung her: Der Trench, der Schützengraben zeigt die Herkunft als Grabenmantel des Ersten Weltkrieges und wurde im Dezember 1914 das erste Mal im Oxford English Dictionary erwähnt.
08/15 oder Nullachtfünfzehn bezeichnet ursprünglich ein luftgekühltes Maschinengewehr, das seit 1908 vom deutschen Heer benutzt, 1915 verändert wurde und als Massenware im 1. Weltkrieg benutzt wurde. Einen Bedeutungswandel zu Durchschnitt, bar jeglicher Originalität, Langeweile oder Überdruss erfuhr der Ausdruck erst nach dem Ersten Weltkrieg, vielleicht sogar erst in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts, als die Wiederaufrüstung begann und moderne Waffen gebräuchlich wurden.
Wummern heute die Bässe, denken wir kaum an die Geräuschkulisse der Front, wo sich die Artillerie lautstark und eindrücklich bemerkbar machte. Ebenso ergeht es dem schwachen Verb verfranzen, das der Fliegersprache entsprungen ist und in den Memoiren des Roten Barons Manfred von Richthofen vorkommt. Franz lautete der Spitzname des mitfliegenden Beobachters, der für die Navigation in den alten, zweisitzigen Flugzeugen zuständig war. Verfahren, verirren, verlaufen oder irren wir uns, gebrauchen wir das Wort verfranzen heute noch – ohne Flugzeug.
Trockenes, haltbares Kleingebäck oder schlicht Plätzchen nennen wir heute selbstverständlich Keks – ein Ausdruck, der es in Form des Wortes cakes bereits im 19. Jahrhundert über den Kanal schaffte und auch im Brockhaus des Jahres 1906 zu finden ist. Wie schon oben erwähnt, war die Zeit des 1. Weltkrieges von Patriotismus und Nationalismus geprägt, weshalb cakes geradezu eine Beleidigung darstellte, kurzerhand zu Keks eingedeutscht wurde und bereits 1915 im Duden landete. Dort fand sich allerdings, neben dem Plural Keks, auch die vermeintliche Einzahl Kek.
Und nun? Augen auf beim Wortgebrauch? Neee, aber schon erstaunlich, welche Wörter unsere Vorfahren bereits vor 100 Jahren kannten, bzw. kennenlernten, nicht?
http://www.welt.de/kultur/article131762089/Weltkriegsparolen-praegen-bis-heute-das-Deutsche.html
Duden
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm
Amerikaner und Briten sprachen zwar eine Sprache, scheiterten aber oft an den Feinheiten. Die Briten, Inder und Waliser in ihren Reihen verstanden die Franzosen nicht, was umgekehrt kaum anders war. Die Alliierten verpflichteten z. B. chinesische Arbeiter, russischsprachige jüdische Immigranten marschierten ebenso mit wie das Heer aus Österreich-Ungarn. Insgesamt kämpften Truppen aus 135 Ländern Seite an Seite – eine sprachliche Herausforderung.
Kriegssprache: Englisch als größter gemeinsamer Nenner
Um sich untereinander schnell und effektiv verständigen zu können, musste eine einheitliche Sprache gefunden werden. Die Wahl fiel auf Englisch, da die meisten Soldaten es mehr oder weniger gut verstanden oder zumindest ein paar Worte und Wörter kannten, was daran lag, dass viele Menschen über eine Auswanderung nach Amerika nachdachten. Glossare und Listen der sogenannten Schützengrabensprache wurden verfasst, in Zeitungen veröffentlicht und Worte und Wörter gingen allmählich in den Sprachgebrauch über.
Sprachliche Vielfalt in den Schützengräben
Es entstanden nicht nur neue Wortschöpfungen, fremdsprachliche Wörter wurden auch gerne von Mitstreitern übernommen: So steht das arabische Wort bint auch heute noch für Freundin oder Frau und das Hindi-Wort cushy findet sich heute in der Bedeutung von leicht, bequem und einfach im englischen Wörterbuch. Ganz pragmatisch und üblich war die Verwendung von Redewendungen und lautsprachlichen Redeweisen, die beispielsweise anglisiert wurden: So machten die Briten aus dem französischen comprends kurzerhand compray, aus il n'y en a plus wurde napoo und San Fairy Ann bedeutete ça ne fait rien.
Auswirkungen auf die deutsche Sprache
Im Deutschland des 1. Weltkrieges herrschten Deutschtümlerei, Nationalismus und Patriotismus, dementsprechend waren fremdsprachige Wörter verpönt – und wurden übersetzt, eingedeutscht oder erfunden. Dabei handelt es sich durchaus nicht immer um Wörter, die auf den ersten Blick nach Krieg klingen, vielleicht einen Bedeutungswandel erfahren und sich bis heute gehalten haben. Während Latrinenparole, Niemandsland, Grabenkampf, Frontschwein, Trommelfeuer, Flak, Stahlhelm oder auch Materialschlacht und Kriegsgewinnler ihre Herkunft eindeutig kennzeichnen, ist die Ursprungsbestimmung bei folgenden Wörtern weitaus schwieriger:
Hören wir dicke Luft, denken wir eher an eine aufgeladene Atmosphäre, wie vor oder nach einem Streit oder Konflikt. Vielleicht kommt noch der Gedanke an die dicke Luft des Ruhrgebietes auf. Bekannt ist der Ausdruck bereits seit dem 17. Jahrhundert, bekannt wurde er durch den 1. Weltkrieg, als die Luft voller Granatsplitter und feindlicher Geschosse war und als dick bezeichnet wurde.
Krieg kurbelt nicht nur die Wirtschaft an, er bringt auch immer technische Neuerungen mit sich: Der Fallschirm und das Fernglas sind solche Errungenschaften, die es erstmals 1915 in den Duden schafften. Ebenso erging es dem U-Boot, das vor 1916 Tauchboot oder Unterseeboot genannt wurde. Ferngläser waren für den Normalbürger damals unerschwinglich, während Fallschirme als begehrte Geschenke galten, deren hochwertige Seide Frauen als Grundlage für Kleidung diente.
Während wir mit dem Wort Blindgänger einen Feigling oder Versager beschreiben, handelt es sich dabei ursprünglich um ein Geschoss, das nicht detonierte. Die übertragene Bedeutung gab es auch vor 100 Jahren schon, denn ein Soldat, der sich übertrieben schnell in Sicherheit brachte, wurde Blindgänger genannt. Nicht ganz unbegründet, denn nicht immer funktionierten die Waffen wie geplant, aber ein echter Mann … nun ja, Ihr wisst schon.
Grimms Wörterbuch kennt das Kanonenfutter bereits seit 1873 und verweist auf Shakespeares Stück Heinrich IV., in dem Falstaff Soldaten, deren Leben keinen Wert hat, Food for powder nennt. Im Ersten Weltkrieg wurde der Ausdruck Kanonenfutter sehr häufig verwendet und dementsprechend sozialisiert.
Verbinden wir den Trenchcoat heute eher mit Humphrey Bogart in Casablanca, so gibt das Wort an sich bereits den Ursprung her: Der Trench, der Schützengraben zeigt die Herkunft als Grabenmantel des Ersten Weltkrieges und wurde im Dezember 1914 das erste Mal im Oxford English Dictionary erwähnt.
08/15 oder Nullachtfünfzehn bezeichnet ursprünglich ein luftgekühltes Maschinengewehr, das seit 1908 vom deutschen Heer benutzt, 1915 verändert wurde und als Massenware im 1. Weltkrieg benutzt wurde. Einen Bedeutungswandel zu Durchschnitt, bar jeglicher Originalität, Langeweile oder Überdruss erfuhr der Ausdruck erst nach dem Ersten Weltkrieg, vielleicht sogar erst in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts, als die Wiederaufrüstung begann und moderne Waffen gebräuchlich wurden.
Wummern heute die Bässe, denken wir kaum an die Geräuschkulisse der Front, wo sich die Artillerie lautstark und eindrücklich bemerkbar machte. Ebenso ergeht es dem schwachen Verb verfranzen, das der Fliegersprache entsprungen ist und in den Memoiren des Roten Barons Manfred von Richthofen vorkommt. Franz lautete der Spitzname des mitfliegenden Beobachters, der für die Navigation in den alten, zweisitzigen Flugzeugen zuständig war. Verfahren, verirren, verlaufen oder irren wir uns, gebrauchen wir das Wort verfranzen heute noch – ohne Flugzeug.
Trockenes, haltbares Kleingebäck oder schlicht Plätzchen nennen wir heute selbstverständlich Keks – ein Ausdruck, der es in Form des Wortes cakes bereits im 19. Jahrhundert über den Kanal schaffte und auch im Brockhaus des Jahres 1906 zu finden ist. Wie schon oben erwähnt, war die Zeit des 1. Weltkrieges von Patriotismus und Nationalismus geprägt, weshalb cakes geradezu eine Beleidigung darstellte, kurzerhand zu Keks eingedeutscht wurde und bereits 1915 im Duden landete. Dort fand sich allerdings, neben dem Plural Keks, auch die vermeintliche Einzahl Kek.
Und nun? Augen auf beim Wortgebrauch? Neee, aber schon erstaunlich, welche Wörter unsere Vorfahren bereits vor 100 Jahren kannten, bzw. kennenlernten, nicht?
Quellen und Originaltexte:
http://www.theguardian.com/education/2014/jun/28/first-world-war-one-soldiers-tommies-common-language-trenches
http://www.welt.de/kultur/article131762089/Weltkriegsparolen-praegen-bis-heute-das-Deutsche.html
Duden
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm
Sonntag, 17. August 2014
etymologisches: von kauderwelsch, walnuss, wallach und der schweiz.
Sie hat nichts mit einem Wal zu tun, auch wenn
sie sich so schreibt. Auch mit einem Wall verbindet sie,
außer vielleicht der Aussprache, nichts. Aber warum heißt die Walnuss
eigentlich Walnuss?
Etymologie der Walnuss
Die Echte Walnuss stammt
aus südlicheren Breitengraden. Schließlich ist sie frostempfindlich
und ihre Heimat liegt ursprünglich wahrscheinlich in Anatolien oder
gar noch ein wenig weiter südlich, von wo sie sich im Mittelmeerraum
verbreitete und über die umtriebigen Römer zu uns kam. Etwa im 18.
Jahrhundert landete sie im Gepäck der Spanier in Amerika – und
kalifornische Walnüsse auf unserem Weihnachtstisch.
Seit dem 18. Jahrhundert ist die
Bezeichnung Walnuss im Hochdeutschen angesiedelt, wobei der erste
Wortteil, das Wal- ziemlich alte Wurzeln hat. Wal- kommt von welsch,
das sich im Althochdeutschen als wal(a)ahisc (= romanisch), im
Mittelhochdeutschen als walhisch oder welsch finden lässt. Das
englische Welsh bedeutet walisisch und das niederländische Waals
wallonisch. Alle meinen die Kelten, die unter dem lateinischen Namen
Volcae liefen; entsprechend dazu finden sich die passenden
Substantive: althochdeutsch walah und mittelhochdeutsch walch.
Die Kelten gingen unter, bzw.
vermischten sich mit eindringenden Völkern, geblieben ist die
Bezeichnung welsch. Welsch bedeutet ursprünglich also keltisch,
später steht es für romanisch, französisch und/oder italienisch.
Und weil die Nuss aus Italien kam, hieß sie bei uns bis ins 18.
Jahrhundert Welschnuss oder welsche Nuß, aus dem wir – die
Herkunft immer noch im Hinterkopf – die Walnuss machten.
Schweizer Exkurs
In der Deutschschweiz werden
französische Schweizer welsch genannt, die Walnuss aber Baumnuss.
Eine Welsche ist also eine Schweizerin mit Französisch als
Muttersprache, die Walnuss kommt vom Baum, was nicht falsch ist, aber
den Ursprung nicht mehr hergibt.
Welsch bedeutet aber mehr, so steht es –
als veraltet und abwertend geltend – für fremdländisch, woher auch kauderwelsch stammt,
was für unverständliche, radebrechende, verworrene, fremde Worte
und Wörter steht. Und hier haben wir eine echte Erfindung der
Schweiz, denn kauderwelsch bezieht sich auf Rätoromanisch, das wohl
recht schwer verständlich erschien.
Im Rheintaler Gebiet von Chur wird ein
hochalemannischer Dialekt gesprochen, das Churerdeutsch. Der Ortsname
lautet in Tirol Kauer, das wahrscheinlich vom mittellateinischen Verb
kaudern stammt, was wiederum kollern, plappern und hausieren bedeutet.
Kauderwelsch, in unserem Wortschatz selten geworden, bezeichnet
ursprünglich Churromanisch und ist seit dem 18. Jahrhundert belegt.
Verwandtschaft auf vier Beinen
Das Wort Wallach kennen wir seit dem
späten 15. Jahrhundert. Es meint ursprünglich ein aus der Walachei
stammendes kastriertes Pferd. Der Name der Landschaft, Walachei, und
auch der der Einwohner, der Walachen, sind zwar slawische Wörter,
die allerdings germanische Lehnwörter von welsch sind und von den Walachen nicht benutzt werden.
Der Herbst naht, die Ernte der
Welschnuss ebenfalls – freuen wir uns darauf. Im Wissen um die
Herkunft von Namen und Nuss.
PS. Dieser Artikel ist das Ergebnis eines Frühstücksgesprächs zwischen dem weltbesten Mann und mir.
PS. Dieser Artikel ist das Ergebnis eines Frühstücksgesprächs zwischen dem weltbesten Mann und mir.
Donnerstag, 16. Februar 2012
etymologische fundstücke: die sache mit den lappen.
Das ist mir durch die Lappen gegangen - eine ganz alltägliche Redewendung, die wir da gebrauchen. Fragt sich nur, warum was durch die Lappen geht?
Das Wort Lappen ist recht alt, im Althochdeutschen hieß es zwar noch lappa oder lappe, aber bereits im Mittelhochdeutschen lappe - die Bedeutung hat sich in den letzten Jahrhunderten aber nicht verändert: Ein Lappen bezeichnet ein herabhängendes Stück Zeug oder ein schlaffhängendes Stück Haut. Mit diesem Substantiv verwandt ist auch das niederländische Substantiv lap, das einen Fetzen, Lumpen und - war klar - einen Lappen meint. Das schwedische Wort lapp bezeichnet ebenfalls einen Lappen, Flicken oder Fetzen.
Wörter, die mit Lappen verwandt sind, lauten Laffe, Lippe, schlaff, schlapp, so auch das Ohrläppchen und der Jammerlappen.
Zurück zu durch die Lappen gehen:
Damals, als die Gummistiefel noch aus Holz waren, veranstaltete man Treibjagden, d. h. Wild wurde durch Treiber aufgescheucht und in Richtung der Schützen getrieben. Weil das sicherlich recht anstrengend und mühsam war, und das Wild nicht gleich wieder entkommen sollte, wurden Stofffetzen an Schnüren aufgehängt, die sich im Wind bewegten und so das zusammengetriebene Wild erschreckten - es lief nicht mehr weg und konnte geschossen werden. Durch die Lappen gehen stammt also aus der Jägersprache, denn wenn die Lappen in ausreichender Zahl und korrekt hängen, geht das Wild nicht durch diese Lappen.
wortfeilchen
PS. Es gibt eine Ergänzung, denn das mittelhochdeutsche Substantiv
lappe, das wir nicht mehr kennen, beschrieb auch einen einfältigen
Menschen. Die Ableitung Laffe, also ein geckenhafter Mann, ist der
Nachfolger des Lappen, der so hieß, weil er entweder eine hängende Lippe hatte oder mit offenem Mund einfältig gaffte.
PPS. Die Einwohner Lapplands mögen mir bitte den kruden Umgang mit ihrer Zugehörigkeit zu einem Volksstamm nachsehen; in Schweden und Norwegen heißt dieser Lappe schließlich auch Same.
Donnerstag, 12. Januar 2012
von meinen schwierigkeiten mit schweizer büchern oder wortfindungsstörungen: schnurre
Der Deutschschweizer an sich spricht kein Hochdeutsch, er empfindet dieses Vorgehen als reichlich affektiert, als eine Art Bühnendeutsch und fühlt sich reichlich unwohl dabei. Man spricht den lokalen Dialekt. Schluss, aus, fertig. Hochdeutsch, das in der Deutschschweiz Schriftdeutsch heißt, wird - wie es der Name bereits aussagt - lediglich schriftlich genutzt. Oder Standarddeutsch. Oder doch Regiolekt. Oder eine selbsterfundene Mischung. Die Befindlichkeiten des Deutschschweizers bezüglich seiner Artikulation sind eigen. Bedingt durch die Erfahrungen der letzten Jahre war mir dieses Verhalten durchaus klar, auch wenn ich es nicht nachvollziehen oder logisch erklären kann.
Aber es begibt sich, dass ich hin und wieder Bücher lese, die aus der
Deutschschweiz stammen, dort geschrieben oder zumindest dort lektoriert
wurden. An sich kein Problem. Sollte man denken.
Ist es aber doch, denn ohne Duden irre ich manchmal sehr verloren durch die Deutschschweizer Sprachlandschaften. In solchen Büchern tauchen Wörter auf, die ich in keinen Zusammenhang bringen kann.
Ein Beispiel ist das Wort Jupe. Ein anderes Schopf. Steht in einem Buch, das mir meine Schwiegermutter ans Herz gelegt hat. Ja, wird der geneigte Leser nun sagen, Du kennst keinen Schopf, den man betreten kann? Nein, muss ich dann zugeben, ich musste nachfragen und recherieren:
Nun wurde ich vom weltbesten Mann, nämlich meinem, großzügig beschenkt, eine Biografie des heißgeliebten Friedrich Dürrenmatt. Ein wunderschönes, edles, gebundenes und dickes Buch, aber erneut wirft die Wortwahl immer wieder Fragen auf; dieses Mal stolperte ich über das Wort Schnurre. Immer wieder.
Nachdenken brachte mich weiter, für mich schnurrt eine Katze, aber eine Schnurre aus dem Leben Dürrenmatts? Trug der Fritz einen Schnurrbart und so heißt die Rotzbremse in der Schweiz? Eine Schnur kann es doch auch nicht sein, also musste wieder ein Wörterbuch ran. Aha, eine Schnurre ist eine scherzhafte Erzählung:
Man beachte bitte den Zusatz veraltet, dem ich auf meiner Suche nach Deutschschweizer Wörtern sehr oft begegne. Schaue ich nämlich tiefer in die jeweilige Etymologie, stoße ich fast immer auf mittelhochdeutsche Wurzeln der rätselhaften Wörter.
So auch bei der Schnurre: Im ausgehenden Mittelalter, im 16. Jahrhundert gab es eine lärmende Gerätschaft, die Schnurre hieß und wohl das war, was wir als Ratsche, Knarre oder Brummkreisel kennen. Possenreißer und Bettler machten damit auf sich aufmerksam und - jetzt kommt es - daraus entstand die Assoziation von Schnurre zu Posse/komischem Einfall. Das schnurrende Geräusch kündigte hörbar eine lustige Anekdote an. Nebenbei bemerkt erfand man im 18. Jahrhundert das passende Adjektiv schnurrig, das possierlich oder lächerlich bedeutet.
Sicher, ein Deutscherschweizer Buch ist ein Abenteuer, eine spannende Herausforderung, schließlich wird es nie langweilig, weil ich etwa auf jeder Seite gefordert bin, mich fragend am Kopf kratze, auf die Suche gehe und dabei immer etwas lerne. Andererseits kann es auch reichlich ermüdend sein und mich gehörig nerven.
PS. Und nun sagt mir bitte, ob Ihr Jupe, Schopf und Schnurre kennt?
Montag, 10. Oktober 2011
etymologische fundstücke: gully.
Man denkt doch nie drüber nach. Zum Beispiel, warum sich der Gully nicht Gulli schreibt und warum er überhaupt Gully heißt?
Die korrekte Rechtschreibung hat Herr Korrekturen.de hier erläutert:
Im Englischen ist ein Gully viel mehr als unser Gully, nämlich nicht nur ein Abzugskanal und ein Einlaufschacht, sondern auch eine enge Schlucht, ein Senkloch, ein Straßenablauf, eine Erosionsrinne, eine schlichte Rinne, ein Schlammfang, eine Saugrinne, ein Schleusenschacht, ein Sinkkasten, ein Schmutzfang, ein Saugwagen, eine Grabeneorsion, eine Wasserfurche - und für alle Leser in der Schweiz, in Süddeutschland und in Österreich auch eine Runse.
Zeit zu schauen, woher das Wort Gully überhaupt kommt:
Unser Gully ist ein noch recht junges Lehnwort aus der englischen Sprache. Eigentlich bedeutet es Rinne - ein weitreichender Begriff, der über unsere Bezeichnung Gully hinausgeht. Es stammt wahrscheinlich von dem altfranzösischen Wort goule/gole, dessen Verkleinerungsform gullet ist und Schlund bedeutet. Der französische Schlund geht zurück auf die lateinische Kehle bzw. die Speiseröhre, nämlich das Wort gula. Gueule - also recht ähnlich - ist das französische Wort für Kehle.
Kehle, verwandt mit dem Kiel, ist ein altes westgermanisches Wort und bedeutet verschlingen, verzehren und auch fressen. Im Mittelalter kannte man noch das Wort kehlen, was so viel wie rinnenartig aushöhlen, aber auch einen Fisch ausnehmen bezeichnet. Wir kennen heute noch das Verb auskehlen. Der Gully verzehrt gnadenlos alles, was ihm vor die Nase kommt, daher passt die Bezeichnung.
Unser Wort Gully hätte gar nicht den Umweg über Italien, Frankreich und England nehmen müssen, sondern gleich zu Hause bleiben und Kehle heißen können.
Mittwoch, 14. September 2011
filmtipp & spendenaufruf: oma & bella.
Unbedingt anschauen, wenn möglich bitte spenden oder zumindest verbreiten - damit diese tolle Idee, die ein Stück deutsches Leben und Geschichte dokumentiert, umgesetzt werden kann.
wortfeilchen
PS. Vielen Dank für den Tipp, Annette.
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Dienstag, 9. August 2011
wortspielchen: der sprichwortrekombinator.
Ein Sprichwort ist ein kurzer, volkstümlicher Satz, der eine praktische Lebensweisheit enthält. Aber genau da liegt manchmal die Krux. Zumindest für mich, die Konstruktionen wie In Dänemark stimmt was nicht oder Holland in Gefahr fabriziert.
Noch gekonnter mischt der Sprichwortrekombinator alte Sprichwörter zu neuen Ergüssen:
Weitere Kreationen können hier erforscht werden.
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Donnerstag, 21. Juli 2011
rechtschreibung: die sache mit dem knowhow.
Spricht man von Erfahrung, Wissen und Kenntnissen, kann man diese in einem Wort zusammenfassen, nämlich Knowhow. Nimmt man es ganz genau, so versteht man unter Know-how auf Forschung und Erfahrung beruhendes Wissen, wie man eine Sache praktisch umsetzt oder anwendet.
Der Inhalt ist schon mal geklärt, bleibt der Ursprung und die Schreibweise.
Die Herkunft ist einfach zu klären: Knowhow ist ein waschechter Anglizismus, den man mit Wissen, wie etwas zu tun ist übersetzen kann.
Knowhow ist ein Substantiv, weshalb man es natürlich großschreibt. Es bekommt den Artikel das vor die Nase gesetzt, weil es sächlich ist. Üblicherweise wird es in der Einzahl verwendet, also das Knowhow.
Die deutsche Rechtschreibung bietet zwei korrekte Schreibweisen an, nämlich Knowhow und Know-how. Know How ist ebenso falsch wie Know-How oder knowhow, ergo geht es so nicht:
Knowhow wird gerne kombiniert: Knowhowtransfer bzw. Know-how-Transfer, die Übermittlung oder Weitergabe von Wissen ist so ein Beispiel. Auch die vertragliche Vereinbarung, durch die der Lizenzgeber dem Lizenznehmer sein Know-how zur Verfügung stellt, also juristisches Zeug ist eine solche Mischung und ergibt kurz die Knowhowvereinbarung bzw. Know-how-Vereinbarung.
wortfeilchen
PS. Ich könnte Julian von Heyl, den Großmeister von korrekturen.de fragen; denn er weiß bestimmt ganz genau, seit wann sich Knowhow so schreibt und ob es sich jemals anders schrieb.
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Donnerstag, 19. Mai 2011
aus dem alltag einer deutsch-schweizerisch-deutschen beziehung: jupe.
Jupe.
Was?
Jupe.
Hä?
Jupe.
Ja, ich habe Dich verstanden, aber was soll das sein?
Du kennst Jupe nicht?
Nein, was auch immer es sein mag, ich habe es noch nie gehört.
Jupe halt.
Die Auflösung:
wortfeilchen
PS. Dem Duden sei Dank.
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Dienstag, 10. Mai 2011
ausgestorbene berufe.
Auf der Suche nach einem Schuster in der Bochumer Innenstadt fiel mir auf, wie wenige Schuster und Schuhmacher es noch gibt. Warum? Sind Schuhe Wegwerfware und die Reparatur lohnt sich nicht mehr? Will den Beruf niemand mehr ausüben?
Ich habe einen Schuster gefunden. Einen richtigen und nicht so einen angelernten, der in so einem Shop jobbt. Aber auf dem Heimweg dachte ich über aussterbende und bereits verlorene Berufe nach:
Der Rubrikator fällt mir spontan ein; dazu viele Berufe des Druckerhandwerks. Oder der Klüngelskerl, der im Ruhrgebiet seine Runden drehte und als Schrotthändler alle möglichen Metalle einsammelte. Den Gasriecher gibt es auch nicht mehr, dafür gibt es moderne Messgeräte. Einen Eismann habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen - gibt es den noch? Den Milchmann kenne ich auch nur aus England oder Erzählungen meiner Eltern. Einen Tankwart wünsche ich mir ab und an ebenfalls. Stellmacher, Kesselflicker, Seiler sind auch so Berufe, die wohl ausgestorben sind.
Nicht nur ich stelle mir diese Frage, auf Spiegel online gibt es eine Rubrik, wo genau solche Gedanken von Lesern gesammelt werden. 26 prallgefüllte Seiten kann man durchstöbern und findet wunderbare Details aus vergangenen Zeiten:
Was fällt Euch zum Thema Ausgestorbene Berufe ein?
wortfeilchen
Mittwoch, 4. Mai 2011
gedanken und meinungen über deutschland von auswärts.
Das Goethe-Institut war die letzten zwei Monate richtig fleißig - und hat sich in Europa umgehört: Wie ist der Blick auf Deutschland? Wer sind Deutschlands bedeutendste Persönlichkeiten, welche die wichtigsten Erfindungen, die schönsten Musikstücke? Was gefällt besonders gut an Deutschland, was überhaupt nicht?
13.000 Menschen aus 18 europäischen Ländern sind dem Ruf der Umfrage gefolgt, die Ergebnisse stehen hier parat:
Johann Wolfgang Goethe führt die Liste der bedeutendsten Deutschen mit 17 Prozent an, es folgen Angela Merkel und Albert Einstein mit 15 Prozent. Der Faust von Goethe ist das bekannteste Buch, Das Leben der anderen der beste deutsche Film und der Buchdruck die wichtigste Erfindung.
Natürlich wurde auch gefragt, was an und in Deutschland so gar nicht gefällt - auf Platz 1 findet sich mit 11 Prozent die deutsche Küche, was mich doch erstaunt. Die kompletten Gesamtergebnisse sind hier nachlesbar.
Und dann finden sich noch Auszüge, die unter Originelle Antworten zu finden sind:
Sicherlich sind die Ergebnisse nicht repräsentativ, denn wer nimmt an einer solchen Studie teil? Richtig, wer Sympathie für Deutschland hegt, oder Gegenteiliges. Der Blick von außen zeigt uns Einwohnern manch vergessenes, liebenswertes Detail und Menschen aus aller Welt vielleicht auch neue Einblicke. Böse Kritik habe ich wenig gefunden, oder gab es gar keine?
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Donnerstag, 21. April 2011
ungeklärte worte: schisslaweng
Jeder von uns hat doch einen. Den Ausdruck der ureigenen Persönlichkeit, der auf irgendeine Art und Weise seinen Weg findet. Einen Schisslaweng.
Mein Schisslaweng ist der beschwingte Schnörkel in meiner Unterschrift. Oder auch ein besonders schwunghaftes Wort in einem Text.
Aber woher kommt der Ausdruck Schisslaweng überhaupt? Hat er überhaupt eine Bedeutung, einen Ursprung oder ist er einfach ein umgangssprachliches Kontrukt?
Erst einmal war ich mir nicht sicher, wie sich Schisslaweng überhaupt schreibt. Weiteres Erstaunen überkam mich, als ich den Duden aufschlug und wirklich Schisslaweng fand. Allerdings wird mir doch nur gesagt, dass es das Wort gibt, die Herkunft unsicher ist und es mit Zislaweng zu tun hat, was ich noch nie gehört habe. Schisslaweng schon.
Fündig wurde ich im Internet, zum Beispiel hier oder auch bei Wikipedia, aber so richtig einleuchtend und klar sind die Definitionen nicht. Das heißt für mich, es gibt Forschungsbedarf. Und die Chance, das Wort Schisslaweng so zu verwenden, wie es mir gerade in den Sinn kommt.
Wisst Ihr mehr? Habt Ihr Vorschläge? Dann bitte raus damit!
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Freitag, 15. April 2011
wortfragen: mangeldingens.
Meine Gedanken mögen Euch vielleicht abstrus erscheinen, aber möglicherweise könnt Ihr meine Frage beantworten:
Damals, auf jeden Fall bis in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts, wusch man Tisch- und Bettwäsche, trocknete diese - und braucht sie zum Mangeln in ein entsprechendes Geschäft. Dort wurden so große Wäscheteile, die man per Hand nie so perfekt bügeln konnte, gemangelt. Das kenne ich von meinen Großmüttern und auch von meiner Mutter. Regelmäßig brachten wir Bettwäsche und Tischtücher zum Mangeln und nannten den Laden schlicht Mangel oder Heißmangel.
Nie nannte man es anders, aber so ein Unternehmen muss doch eine passende Bezeichnung haben?
Darum habe ich mir etwas überlegt: Der Bäcker backt in der Bäckerei seine Brote. Der Metzger oder Fleischer arbeitet in der Metzgerei oder Fleischerei. Wäsche wird in der Wäscherei gewaschen. Also könnte der Laden, in dem gemangelt wird, doch Mangelei heißen? Immerhin liefert mir Google entsprechende Ergebnisse und dazu gleich zwei weitere Begriffe - die Bügelei und die Plätterei.
Der Duden hilft mir leider nicht weiter: Er kennt keine Mangelei, und auch keine Bügelei, listet aber immerhin Plätterei als umgangssprachlichen Begriff. Gibt es das Wort Mangelei oder nicht? Ist es ausgestorben oder antiquiert?
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Freitag, 1. April 2011
andere orte, andere worte: fahrausweis und führerschein
Andere Länder, andere Sitten – dies gilt besonders für sprachliche Begrifflichkeiten im deutschsprachigen Raum. Die regionalen Sprachunterschiede zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz zeigen sich sehr gut an dem Beispiel des amtlichen Dokuments, das zum Führen eines Fahrzeugs berechtigt:
Während die Fahrberechtigung in Deutschland Führerschein oder ganz salopp Lappen genannt wird, erteilt man in Österreich nach bestandener Fahrprüfung die Lenkberechtigung. Ganz anders in der Schweiz, wo der Name der Fahrerlaubnis in offiziellem Amtsdeutsch Führerausweis heißt, in der Umgangssprache aber meist Fahrausweis, Fahrschein, Fahrkarte oder auch Billet oder Permis genannt wird.
Ihr könnt Euch meine Verwirrung vorstellen, als ich in Zürich in eine Verkehrskontrolle geriet und der Polizist mich nach – Ihr ahnt es – meinem Fahrausweis fragte.
Dass es sich bei diesem Begriff um einen umgangssprachlichen Helvetismus halten könnte, wurde erst nach einigen Rückfragen klar: Ein Fahrausweis ist für mich als Deutsche doch etwas ganz anderes, nämlich eine Fahrkarte im öffentlichen Verkehr, also für Bus und Bahn – kein Wunder, dass man mir meine Verblüffung hinter dem Lenkrad mitten im Straßenverkehr buchstäblich ansehen konnte.
Nun achtete ich genauer auf die Schweizer Bezeichnungen, die mir dort im Alltag begegnen – und siehe da, der Fahrausweis ist auch in der Schweiz eine Fahrkarte zur Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel. Dieses Wort wird aber kaum genutzt, denn das, was den Deutschen die Fahrkarte ist, ist den Schweizern ihr Billet.
Weitere Nachforschungen komplizierten die Sache weiter: Wenn jemandem der Führerschein entzogen wird, wird dieser Person das Billet weggenommen.
Vielleicht sollte ich in der Schweiz doch besser zu Fuß gehen.
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PS. Ja, ich verkneife mir spitze Anmerkungen zum Führerausweis.
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