Eigentlich ist es meist umgekehrt: Außenminister Guido Westerwelle setzt sich verbal in die Nesseln, die Welt (und besonders gern die Presse) zeigt hämisch mit dem Finger auf ihn und kichert.
Eigentlich, denn dieses Mal verhält es sich anders und Guido wurde zu Unrecht angeprangert. Anlass ist ein Artikel, der am 4. Februar in der Welt online erschien. Dort ist zu lesen, dass der Außenminister den deutschen Plural nicht beherrscht, weil er Wir Deutsche sagt, was nicht korrekt sei, denn es heißt schließlich Wir Deutschen.
Pustekuchen! Der Verfasser irrt oder hat einfach schlecht recherchiert, denn es ist kompliziert - und Guido Westerwelle muss sich den Vorwurf (dieses Mal) nicht gefallen lassen.
Laut Duden sind beide Möglichkeiten erlaubt, man kann Wir Deutsche (starke Form) und Wir Deutschen (schwache Form) sagen, wobei die starke Form (wie auch viele starke Verben) langsam ausstirbt und die schwache Form bevorzugt wird. Daher gilt in diesem Fall: Schön ist, was gefällt.
Warum das so ist, erklärte der Spiegel online bereits 2005:
Die Erklärung ist logisch und einfach zu merken: Die Substantive der Deutsche, wir (die) Deutschen stammen von einem Adjektiv namens deutsch.
Substantivierte Adjekte formen keine vollwertigen Hauptwörter, aber fast, daher funktioniert die Sache mit den Deutschen und der Deutschen genauso wie bei anderen Adjektiven, zum Beispiel schön, alt oder neu. Sprechen wir uns als schönen Menschen, sagen wir nicht Wir Schöne, sondern Wir (die) Schönen.
Richtig verzwickt wird es, wenn wir nicht genau wissen, ob der Plural bestimmte oder unbestimmte Menschen betrifft: Meinen wir, die nachfolgende Aussage gilt für uns, die Schönen schlechthin, oder eher doch für eine unbestimmte Gruppe, nämlich für uns, ein paar Schöne?
Daher nicht willkürlich mit Steinen werfen - und bitte vorher mit den Irrungen und Wirrungen der deutsche Sprache auseinandersetzen.
wortfeilchen