Menschen, die besonders pingelig, pedantisch, korrekt, sorgfältig, genau, ordnungsliebend und gewissenhaft sind, nennt man gerne Erbsenzähler. Dabei ist das keinesfalls als Kompliment gemeint, sondern abwertend.
Gehen wir in der Geschichte zurück und widmen uns der Anekdote, die möglicherweise zu dem Begriff Erbsenzähler geführt haben soll: Karl Baedeker, Herausgeber der fast schon legendären Reiseführer, die im 19. und 20. Jahrhundert an Beliebtheit nicht zu schlagen waren, begab sich nach Mailand, genau gesagt zum Mailänder Dom. Die gotische Kirche ist hoch, sehr hoch sogar und bietet die Besonderheit, dass man über eine Treppe (oder wahlweise einen Aufzug) das Dach betreten kann und von dort sicherlich eine fantastische Aussicht genießt.
Herr Baedeker wollte angeblich ganz genau wissen, wie viele Stufen es bis dort oben sind. Er ging die Treppe hoch und alle 20 Stufen steckte er eine getrocknete Erbsen von seiner Westentasche in seine Hosentasche. Oben angekommen multiplizierte er die Anzahl der Erbsen in seiner Hosentasche einfach mit 20 und schon konnte er ganz genau sagen, wie viele Stufen zum Dach des Mailänder Doms führen. Gut, ich bin vielleicht noch genauer, denn ich frage mich, wie er sich eine mögliche Zahl unter 20 gemerkt hat. Und dann habe ich auch nicht rausgefunden, wie viele Stufen es nun wirklich sind - aber so soll der Begriff Erbsenzähler entstanden sein.
Natürlich gibt es regionale Synonyme für den Erbsenzähler: Nach der kleinsten Rosinenart, der Korinthe, wurde der Korinthenkacker benannt; ganz ähnlich erging es dem Kümmelspalter und auch dem Haarspalter. In Österreich nennt man ihn i-Tüpferlreiter und in der Schweiz und Süddeutschland Tüpflischisser. Ganz anders in den Niederlanden, wo Krentenkakker so viel wie Geizhals bedeutet und der Mierenneuker (man möge es mir nachsehen, aber es heißt Ameisenficker) unserem Erbsenzähler entspricht.
Demnach ist jemand, der sich mit unheimlich kleinen Dinge abgibt (bzw. diese begatten) möchte, ein Erbsenzähler und das ist gar nicht gut. Warum nur? Eigentlich ist der Erbsenzähler doch nur sehr genau und wenn er etwas macht, macht er es richtig. Neid der Besitzlosen, denen die Fähigkeit zur Akribie fehlt?
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