Dienstag, 31. August 2010

schweizfund: rahmhalter

Die Deutschschweiz, genauer gesagt Zürich. Hier entwickelt sich der Einkauf in einem ganz normalen Supermarkt - zumindest für eine Germanistin mit Blick für Details - zu einem Erlebnis, einem Abenteuer. Und endet meist mit fragendenen Augen oder verhaltenem Gekicher (der Schweizer an sich reagiert auf lautstarkes Lachen der Ruhrgebietsbewohnerin meist eher verstört). Letzteres geht aber auf meine Assoziationsfähigkeit, meinen Humor und meinen Neugier zurück.

Da stand ich nun vor dem Regal und grinste breit, denn meine Augen erblickten dies:

Foto: Pierino Cerliani

Nein, unlogisch ist die Kreation Rahmhalter nicht. Sahnesteif oder Sahnefest, wie das Pülverchen in Deutschland heißt, ist schließlich auch nicht viel hübscher oder treffender und dazu eher ein Markenname denn eine Produktbezeichnung. Offiziell heißt das Zeug nämlich Sahnestandmittel und nicht Rahmhalter, Sahnesteif oder Sahnefest

Was mich lächeln lässt, ist die typisch schweizerische Eigenschaft ein eigenes Wort zu nutzen und auf gar keinen Fall ein deutsches. Man muss sich vehement abgrenzen. So oft es geht. Jedenfalls erscheint es mir als Außenstehender so. Manchmal hat dieses Umbenennen durchaus seine Berechtigung, manchmal erscheint es aber nur trotzig, belustigend oder überkorrekt.

Zurück zum Rahmhalter:

Ich verbinde mit dem Wort Rahmhalter den Büstenhalter und den Fahrzeughalter. Eindeutig korrekt, denn der BH hält (und formt) die Büste, die Steuern und sonstige Kosten werden vom Halter des Autos getragen. Aber der Rahm wird gehalten? Liebevoll? Würdig? Ernsthaft? Irgendwie kommt mir eine abstruse Konstruktion in den Sinn, die dem Kopf eines wirren Erfinders entsprang. Oder einem bürokratischen Schweizer, denn es muss doch alles seine Ordnung haben in der Helvetischen Republik. 

Mein Kopfkino macht Überstunden, stellt sich einen zerstreuten und landestreuen Schweizer vor, der grübelnd durch sein Labor turnt und einen Mechanismus ersinnt, der den Rahm steif hält. Das Patent schnell angemeldet (die Ordnung und jede Vorschrift unbedingt einhalten) und schon kommt der etymologisch bewanderte Schweizer zum Einsatz. Er stellt fest, dass die ruhmreiche Erfindung bereits ein Deutscher gemacht hat (was eigentlich gar nicht sein kann) und der Sache auch gleich einen Namen gab. Störrisch bildet sich ein Konsortium, um eindeutig zu klären, dass die Erfindung aus der Schweiz ein völlig anderes Produkt ist, als das, was man im großen Kanton nördlich des Mittelpunkts der Welt darunter versteht. Um dies zu unterstreichen sinnt und sinnt man, bis man endlich einen Namen gefunden hat, der der Identität des kleinen, putzigen Landes entspricht und diese am besten noch betont. Voilà, der Rahmhalter ward geboren!

wortfeilchen

PS. Nun frage ich mich natürlich, wie man in der Schweiz einen BH nennt? Büstenhalter sagt man in Deutschland seit Jahrzehnten nicht mehr. Außer man ist jenseits der 70 und ein wenig schamhaft.

PPS. Ich nehme die Schweiz und ihre Bewohner durchaus ernst, vielleicht sogar zu ernst. Wenn sie nur nicht so unendlich niedlich und bemüht schweizerisch wären ... dann würden sie vielleicht öfter mit mir lachen.