Viel interessanter ist sein Werk, das der Schriftsteller unter dem Pseudonym Amaranthes veröffentlichte. Wir erinnern uns, Amarant, auch Amaranthus, das ist die hirseähnliche Pflanze, die auch Fuchsschwanz genannt wird und übersetzt unverwelkliche Blume heißt. Ein zum Werk passendes, vielleicht sogar humorvolles Pseudonym.
Anfangs veröffentlichte der Unverwelkliche Gedichte, die gerne wegen ihrer Anzüglichkeit konfisziert wurden, Romane und Erzählungen. Bekannt wurde er durch das Frauenzimmer-Lexicon, in dem er sich detailliert mit dem Leben der Frau beschäftigt. Oder was er für das Leben der Frau hält. Er war der Meinung, die Frau sei mit der lateinischen Terminologie der damals üblichen Lexika schlicht überfordert und gibt ihr viele Ratschläge und Tipps für alle Gelegenheiten - in deutscher Sprache.
Das Buch ist mit 1.000 Seiten sehr umfangreich und beinhaltet neben Kochrezepten und Menüvorschlägen eine Liste schand- und lasterhafter Frauengestalten, während er gleichzeitig gelehrte Weibsbilder und Gegenstände des Alltags, der Freizeitbeschäftigungen und moralische Einschätzungen (Ergötzlichkeiten) vorstellt. Eine Fülle Gallizismen erwartet die geneigte Leserin, die wahrscheinlich aus gehobenen Kreisen stammte und des Französischen durchaus mächtig war. Im Gegensatz zu Latein, das meist Männern vorbehalten war, sprachen viele Frauen, die ihre Existenz nicht durch einen Broterwerb sichern mussten, Französisch.
Wen hatte er im Sinn? Wer sollte Hilfe und Kurzweil finden? Die Liste ist lang und natürlich liefert er sie gleich mit:
Der Frauenzimmer geistlich- und
weltliche Orden, Aemter, Würden, Ehren-
Stellen, Professionen und Gewerbe, Privilegia und
Rechtliche Wohlthaten, Hochzeiten und Trauer-Solennitäten,
Gerade und Erb-Stücken, Nahmen und Thaten der Göttinnen,
Heroinen, gelehrter Weibes-Bilder, Künstlerinnen, Prophetinnen, Affter-
Prophetinnen, Märtyrinnen, Poetinnen Ketzerinnen, Qvackerinnen, Schwärmerinnen
und anderer Sectirischen und begeisterten Weibes-Personen, Zauberinnen und Hexen,
auch anderer beruffener, curiöser und merckens-würdiger Weibes-Bilder, Trachten und Moden, Küchen-Tafel-Wochenstuben-Wäsch-Nehe-Hauß-Speisekammer-Keller-Kinder-Putz, Geräthe und Vorrath, Juwelen und Schmuck, Galanterie, Seidne, Wollne und andere Zeuge, so zu ihrer Kleidung und Putz dienlich, Rauch- und Peltzwerck, Haar-Putz und Auffsatz, Schmincken, kostbare Olitäten und Seiffen, Bücher-Vorrath, Künste und Wissenschafften, Nahmen, Stamm-Nahmen und besondere Benennungen, absonderliche Gewohnheiten und Gebräuche, Eigenschaften, sonderbare Redens-Arten und Termini, Abergläubisches Wesen, Tändeleyen und Sprüchwörter, Häußliche Verrichtungen, Divertissements, Spiele und andere Ergötzlichkeiten, allgemeine Zufälle, Beschwerungen und Gebrechen der Weiber, Jungfern und kleinen Kinder, Gesinde-Ordnung und Arbeit, weibliche Straffen und absonderliche Züchtigungen, und alles dasjenige, was einem Frauenzimmer vorkommen kan, und ihm nöthig zu wissen,
Sondern auch
Ein vollkommenes und auf die allerneueste Art verfertigtes
Koch-Torten- und Gebackens-Buch,
Samt denen darzu gehörigen Rissen, Taffel-
Auffsatzen und Küchen-Zettuln,
Ordentlich nach dem Alphabeth kurtz
und deutlich abgefaßt und erkläret zu finden,
Dem weiblichen Geschlechte insgesamt zu
sonderbaren Nutzen, Nachricht und Ergötzlichkeit
auff Begehren ausgestellet
Die zahlreichen Einträge variieren in bunten Vielfalt und Reihenfolge dermaßen, dass sich zu jedem noch so kleinem Gegenstand eine Erklärung oder Erläuterung finden lässt. Wie kommt es, dass ein studierter Mann der gehobenen Gesellschaft so neugierig und interessiert am Leben und Alltag der Frauen ist? Ist er missionarisch unterwegs? Will er belehren? Will er alle Frauen gleichmachen und Richtlinien vorgeben? Ist er vom Frauenzimmer fasziniert? Oder möchte er hilfreich und nett sein?
Ich weiß es nicht, das Buch ist eine wunderbare Quelle, die detailliert den Alltag und das Leben einer bürgerlichen Frau des 18. Jahrhunderts zeigt. Und ich habe dermaßen Freude an den Themen, der Sprache, den Ausführungen und Vorstellungen, dass ich daraus eine Serie mache und ab und an einen Beitrag aus dem nutzbaren, galanten und curiösen Frauenzimmer-Lexicon posten werde. Aber entscheidet selbst!
Heute aus dem Frauenzimmer-Lexicon:
Ingber, Zingiber, Gingembre, ist ein Wurzel-Gewächs, das in Malabar häuffig anzutreffen. Man hat unter andern vielen Speciebus zwenerlen Sorten des Ingbers, die bey uns bekannt, nehmlich braunen und weissen. Es behält aber dieser vor jenen billich den Vorzug. Die Chineser wissen sonderlich den frischen Ingber in Zucker einzumachen, welches andere Nationen ihnen zwar auch mit dem trocknen nachthun wollen, der aber jenen bey weiten nicht gleichet, weil ihnen die in der Pharmacopoea Persica enthaltene Nachricht mangelt. Sonst ist der Ingber ein hitziges Gewürtz, das zu dem erkalteten Magen sehr gerühmet wird, welcher aber nicht eher als in Declinatione morbi zu gebrauchen; wiedrigenfalls man Herz-Klopffen und Krätze zum Trinckgeld davon tragen kan. Weil auch die Speisen von dem Ingber einen guten Geschmack bekommen, brauchen ihn, absonderlich den weissen, die Köche entweder ganz oder gestossen, an die meisten Essen, welches bey denen Beschreibungen der Speisen wird abzunehmen seyn.
Quellen der Fotos in
korrekter Reihenfolge: