Die Bewohner der Insel Island nennen wir Isländer bzw. Isländerinnen; aber warum eigentlich nicht Isen, wenn es doch auch Iren gibt? Die kommen doch auch aus einem Land mit einer kleinen Silbe davor und -land dahinter?
Zugegeben, ich habe schon eine Urlaubskarte erhalten, auf der fröhlich notiert war, dass die Irländer ein nettes Völkchen seien und erkenne auch Zähne knirschend an, dass die Bezeichnung Irländer sich anscheinend, mehr oder weniger, einbürgert, aber eine Lösung ist es nicht!
Bleiben wir doch ruhig bei Island: Wir sprechen von Isländern, englisch sprechende Menschen sagen Icelandier, Franzosen Islandais, Spanier Islandés/Islandesa, ergo gibt es weltweit keine Isen. Das Ganze funktioniert mit allen Bewohner von Ländern mit -land hinten dran: Finnland, Schottland, Deutschland, Lettland, Estland und so weiter. Kein Bewohner dieser Länder heißt bei uns Finnländer oder Lettländer. Nun ja, England tanzt auch aus der Reihe, weil wir auch nicht von Engen, sondern von Engländern sprechen und es weiterhin die Option auf Briten gibt. Holland oder die Niederlande sind richtig flexibel, denn es ist völlig in Ordnung von Holländern oder Niederländern zu sprechen. Aber Island. Was nun?
Als studierter Mensch hat man ja seine Quellen und Informanten - aber Pustekuchen! Eine Antwort kann mir so richtig niemand geben. Lediglich meine Lieblingsprofessorin und Kennerin der Germanistik und Skandinavistik bietet mir eine Lösung an, mit der ich halbwegs leben kann:
Beachtet man die historische Entwicklung von Ländern und deren Namen und, dass Island für uns immer sehr sehr weit weg, also isoliert und unwichtig war, ergibt das Ganze einen Sinn. Es hat sich einfach eingebürgert! Island macht sprachlich keine Veränderungen, Modeworte oder Anglizismen mit, warum sollten sie es bei ihren Namen tun? Island gibt es, im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, einfach noch nicht so lange und daher gibt es die Bezeichnung Isländer und eben nicht Isen. Was seit Jahrhunderten prima funktioniert, ändert man nicht! Jedenfalls nicht als Isländer. Dort gibt es ja auch keinen Computer, sondern einen tölva, eine Ableitung des Wortes tala (= Nummer).
Isländer reden von sich als Íslendingur/Íslensk kona, bezeichnen auch sich nicht als Isen, sondern als Isländer. Die Worte Eis und Land ergeben Isländer und die müssen es doch am besten wissen, oder?
Das Auswärtige Amt fördert Ableitungen auf -er, da sie neutral sind. Ältere Formen wie -esen, -ianer und wahrscheinlich auch -länder/-länderinnen sind veraltet, stammen oft aus der Kolonialzeit und sind somit mit einem schlechten Beigeschmack belastet. Ergo wäre Iser, oder eben Isen, politisch und linguistisch korrekt und setzt sich vielleicht irgendwann doch einmal durch?
Kveðja frá Þýskalandi!
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