Dienstag, 18. Januar 2011

verlorene worte: brünstig.

Zugegeben, heute wird es für manchen Leser vielleicht ein wenig unzüchtig oder zweideutig, es geht um das Wort brünstig - was vielleicht nicht jedermanns Sache ist.

Die sichtbaren Auswirkungen erinnern ein wenig ans Tierreich: So werden manche unruhig, können weder Arme, Hände oder Beine wirklich ruhighalten, erinnern an eingesperrte Raubtiere oder verwirrte Säugetiere. Andere verfallen in eine gewisse Lethargie und üben sich in der Meisterschaft der stieren Blicks. Und wieder andere fühlen den Jagdinstinkt in sich erwachen und begeben sich auf die Pirsch. 

Vielleicht ist das der Grund, warum es für das Adjektiv brünstig einen schier unendlich scheinenden Quell an Synonymen gibt? 

Paarungsbereit, paarungswillig, hitzig, heiß, rammelig, stierig und läufig soll man sein. Rollig, rossig oder auch brünftig gehören dazu. Feingeister sprechen von sexueller Erregung, eifriger Lüsternheit, begehrlicher Wollust oder leidenschaftlicher Entflammung, während die Umgangssprache scharf, spitz, fickerig, geil, rattig und wuschig kennt. Regional geprägt sind Ausdrücke wie böksch, rallig oder rösig.

Die Etymologie des Adjektivs brünstig interessiert Euch sicher auch: Das passende Substantiv zu brünstig, die Brunst, gibt es seit der Völkerwanderungszeit, als die Goten Brandopfer (ala)brunsts nannten. Es folgt althochdeutsch brunst, was so viel wie Brand oder Glut bedeutet. Die Verbindung zum althochdeutschen Verb brinnan und mittelhochdeutschen Verb brinnen, was beides brennen heißt, finden wir heute noch in dem Wort Feuersbrunst, das wir etwa seit dem 17. Jahrhundert kennen.

Auch wenn wir das Mittelalter gerne als reichlich düster sehen - zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert entstand die Ableitung brünstec und bezog sich auf die geistige und sinnliche Erregung, die offiziell eher für die Paarungszeit der Tiere galt. Die Steigerungsform heiß verlangend, also mittelhochdeutsch inbrünstec wurde gerne christlich verwendet - und zwar als Inbrunst gegenüber Gott.
 
wortfeilchen

PS. Ein Anliegen habe ich allerdings noch und bitte um die Mithilfe meiner geneigten Leser im gesamtdeutschen Raum, aus der Schweiz und Österreich: Was sagt Ihr, wenn Euch die Hormone schütteln? (Keine Sorge, man kann auch anonyme Kommentare hinterlassen.)