Dienstag, 14. September 2010

das abenteuer üetliberg. als flachländerin.

Weilt man in der Schweiz, so weilt man in den Bergen. Ein wenig unheilvoll und ein bisschen bedrohlich sieht man sie überall um sich herum. Das ist halt so, denkt man, und zuckt mit den Schultern. Immerhin kommt man aus einer Stadt, die gerade mal 100 Meter über Normalnull liegt. Man mag die Niederlande. Oder auch Dänemark. Halt flaches Land und ebene Länder.

Dann ist man öfter mal in Zürich. Aus Gründen. Mag den See, die Flüsse und äugt ein wenig misstrauisch (und zumeist desinteressiert) auf die Berge, die rundherum zu sehen sind.

Dann kommt der weltbeste und herzallerliebste Mann auf die Idee, mir genau so einen Berg zu zeigen. Von oben wohlgemerkt. Der Grund ist mir nicht ganz klar, denn das Erklimmen von Bergen liegt mir sehr sehr sehr fern. Ich verstehe einfach nicht, warum man das macht. Zurück zum Thema, mein Mann wollte mit mir auf so ein Ding, einen Berg. Und zwar den Hausberg Zürichs, der sich Uetli- oder Üetliberg schimpft. So ganz einig über den Namen sind sie sich nicht. Für mich klingt beides reichlich mittelhochdeutsch.

Bevor ich lautstark protestieren kann (Ich steige doch nicht im Hochsommer auf Berge! Ich steige überhaupt nicht auf irgendeinen Berg!) und an seinem Geisteszustand zu zweifeln vermag, erklärt er mir, dass Europas steilste normalspurige Adhäsionsbahn (im Endeffekt eine handelsübliche S-Bahn) dort hoch fährt und ich die Erste-Hilfe-Ausrüstung, Notrationen und Steigeisen zu Hause lassen kann. Erleichterung macht sich breit!

Vom Hauptbahnhof Zürich geht die muntere Fahrt bergauf los. Unterwegs knacken mir Flachländerin bereits die Ohren, wie ich es lediglich aus dem Flugzeug kenne. Der Zugführer nuschelt unterdes merkwürdige Namen von Haltestellen, mein Liebster erklärt mir dies und das und so langsam wird mir etwas mulmig - ich sehe Baumwipfel - von oben!!

Die letzte Haltestelle ist der Bahnhof Uetliberg/Üetliberg, von dem kleine Wege in die bewaldete Landschaft führen. Gut, sage ich mir, höchstens 2 Minuten gemütlich spazieren, dann bin ich auf der Aussichtsplattform und alles ist gut.

Leider nicht! Der Weg führt endlos und zermürbende Ewigkeiten über holprige Schotterwege (es gibt übrigens Asphalt, liebe Schweizer!), durch enge Serpentinen enorm und übertrieben steil (gefühlte 80 % Steigung) den vermaledeiten Berg hoch. Erwartungsgemäß trage ich unpassende Schuhe und fluche unziemlich, wie es nur ein übellauniger Rohrspatz aus Ruhrgebiet kann. Der Planetenweg wurde wahrscheinlich nur eingerichtet, um erbarmungswürdige Touristen wie mich mitleidig von Drangsal und Misere abzulenken. (Was übrigens in keinster Weise auch nur im Ansatz funktioniert!)

Foto: Pierino Cerliani
Kurz vor dem Ziel, dem ich mutig mit hochrotem Kopf und schweißgebadet entgegenstapfe, will es der Berg noch mal wissen und haut mir drei Dinge direkt auf den Kopf:

Foto: Pierino Cerliani
  1. Ich bin viel zu weit oben für eine Flachländerin. 
  2. Ich soll diese Strapazen noch weitere 2, gefühlte 20 Minuten ertragen.
  3. Korrekte Rechtschreibung ist auch hier nicht das Maß der Dinge, sonst würde dort Herzlich willkommen stehen.
Oben angekommen lasse ich mich völlig entkräftet auf die nächstbeste Bank fallen. Immerhin entschädigt mich die Aussicht reichlich.

Foto: Pierino Cerliani
Foto: Pierino Cerliani
Foto: Pierino Cerliani
wortfeilchen

PS: Der nächste Urlaub geht in gaaanz flache Gefilde und unendliche Ebenen. Oder ich lass mich fahren.