Montag, 28. September 2009

Eine Hand wäscht die andere?

Gestern war auch für mich Wahl angesagt. Nach dem, wie ich finde, blöden und miesen Ergebnis der Kommunalwahl, musste ich schließlich Maßnahmen ergreifen!

Üblicherweise ging ich dazu in den letzten Jahren zum benachbarten, altehrwürdigen Gymnasium am Ostring. (Die Geschichte von Bochums ältestem Gymnasium ist eine andere Sache, gehört hier zwar nicht hin, ist aber genauso fies und ungerecht, wie die erneute Wahl der OB.) Dieses Mal war es anders, denn ich sollte bei einem kleinen Optiker in der Innenstadt wählen.

Gesagt, getan. Sonntag machte ich mich auf den Weg und fand den mir unbekannten Laden auch prompt. Was vielleicht auch an dem lieblos aufgemachten Pappaufsteller lag, den eine leicht schiefe Fotokopie mit der Aufschrift "Wahllokal" zierte.

Ich betrat das Geschäft und es war eng, sehr eng sogar. Aus dem Weg oder umgeräumt war nämlich nichts, lediglich zwei Tische für die beiden Wahlbezirke und einer für die Annahme der Wahlscheine wurden mitten in die beengte Räumlichkeit platziert. Die Theken, hinter denen wohl sonst die Angestellten zu finden sind, dienten als Wahlbox (oder wie auch immer sich der Bereich schimpft, wo ich unbeobachtet meine Kreuzchen mache). Nach Vorlage meiner Wahlbenachrichtung übergab man mir meinen Wahlschein; wobei man nicht per Personalausweis kontrollierte, ob ich denn auch jene welche bin.

Ich quetschte mich zwischen zwei Theken hindurch und nahm hinter einem aufgeschnittenen Karton Platz. Jawohl, ein handelsüblicher Karton wurde (sicherlich mit einem Teppichmesser) aufgeschnitten und unbefestigt auf die Theke gestellt durch dessen Glas ich die gängige Auswahl mehr oder weniger modischer Brillen betrachten konnte. Kurz kam mir der Gedanke doch einfach mal zu versuchen, wie schnell und weit so ein Karton von einer Theke fliegen kann, aber ich riss mich zusammen, setzte mich und machte meine beiden Kreuze. Wen ich gewählt habe, verrate ich natürlich nicht, aber die beiden vermeintlichen Sieger sind es schon mal garantiert nicht.

Beim Aufstehen streifte ich mit meiner Tasche den Karton, der bedenklich schaukelte und quetschte mich zum nächsten Tisch, wo ich meine Wahlbenachrichtigung vorlegen und abgeben musste. Auch hier kontrollierte man nicht, ob ich den auch wirklich die Frau bin, deren Name auf der Einladung steht, wichtiger ist es anscheinend zu wissen, dass mein Name in einer langen Liste markiert wird. Nun ward der denkwürdige Augenblick gekommen, die nächste Dame schob das Blatt Papier vom Schlitz der Pappwahlurne und ich hatte gewählt.

Auf zum Ausgang und wieder nach Hause, so lautete jedenfalls der Grundgedanke. Bevor ich den Laden aber verlassen konnte, stellte sich mir mutig eine Frau mittleren Alters in den Weg und sagte: Darf ich Ihnen einen kostenlosen Schlüsselanhänger schenken und ein Prospekt unserer aktuellen Angebote mitgeben? Eine kleine Kleinigkeit leuchtete mich in dezentem Signalrot an und eine Broschüre hielt sie mir entgegen.

Bisher hatte ich mich bemüht die Ernsthaftigkeit der Angelegenheit nicht durch verbale Einwürfe zu versauen, aber nun ergriff mich ein seltsames Verlangen zu grinsen und etwas zu sagen: Nöö, möchte ich nicht, aber clever, wie Sie den Synergieeffekt nutzen. Die verblüfften Gesichter waren es wert.

Fazit:
  • Wieso ist eigentlich alles aus Pappe? Wird nach der Wahl der ganze Kram einfach weggeworfen? Und wo sind überhaupt die guten alten Metallurnen, die man beliebig oft verwenden konnte?
  • Nächstes Mal schicke ich eine Freundin mit meiner Wahlbenachrichtung zur Wahl.
  • Nächstes Mal nehme ich Werbung für mich und meine Leistungen mit und verschenke dazu noch Kugelschreiber mit einem fetten Firmenaufdruck.
  • Nächstes Mal puste ich den Karton um, oder warte zumindest bis jemand die Konstruktion von der Theke fegt.
wortfeilchen