Donnerstag, 17. September 2009

Das Abenteuer holländischer Straßen

Ich fahre wenig Auto und noch seltener außerhalb Deutschlands, daher stellte die Fahrt nach Nordholland schon ein gewisses Erlebnis für mich dar -- jedenfalls bis zur holländischen Grenze.
 
Auf niederländischen Autobahnen darf man maximal 100 km/h fahren, auf Bundesstraßen 80 km/h und innerhalb von Ortschaften 50 bzw. 30 km/h. So weit, so gut, denn grau ist alle Theorie.
  
Flugs die ehemalige Grenze passiert, entspannt die Geschwindigkeit reduziert, den tollen Straßenzustand gewürdigt und sich einfach nur gefreut, denn schließlich habe ich Urlaub. Schnell stelle ich fest, dass der niederländische TÜV wohl großzügiger als der deutsche ist, denn hier fahren Rostlauben umher, die ich so noch nicht gesehen habe. In den Niederlanden gibt man weiterhin viel Geld für den Bau, die Pflege und den Erhalt der Straßen aus.
 
Die geringere Geschwindigkeit, die ich anfangs als wohltuend empfinde, schwingt nach ein bis zwei Stunden Fahrt in Anstrengung um und erinnert an die Kriecherei einer Schildkröte. Der stetige Blick auf den Tacho, damit man ja nicht viel zu schnell fährt, nervt schon ein wenig. Auch die vielen Schilder am Straßenrand, die auf Radarfallen, die nicht nur die Geschwindigkeit, sondern ebenfalls den angelegten Gurt kontrollieren, muntern mich nicht auf.
 
Aufgeschreckt werde ich erst durch den angekündigten Kreisverkehr, der sich allerdings als vierspurig erweist und mich kurzzeitig rätseln lässt, wie denn so etwas funktioniert? Die generelle Entspanntheit der niederländischen Verkehrsteilnehmer nimmt mir aber schnell die kurzfristige Panik und so lässt man mich von der irrtümlich gewählten Spur mitten im Kreisverkehr problemlos auf eine andere fahren.
 
Es folgt eine Bundesstraße, wo die Geschwindigkeit auf 80 km/h begrenzt ist, aber nur, wenn nicht alle paar Kilometer eine Ortschaft auftauchen würde, die durch geschickte Wellenführung und großzügig angebrachte Beschilderung meine Geschwindigkeit auf 30 km/h reduziert. Immerhin liegt direkt neben der Straße der Nordholland-Kanal und entschädigt mit idyllischen Impressionen und kleinen Parkbuchten, die zum Verweilen einladen.

Irgendwann muss ich über diesen Kanal, um den Schlüssel fürs einsame Haus abzuholen. Ich denke mir nichts dabei, aber als die Abzweigung auftaucht, runzel ich doch etwas die Stirn -- die einspurige Brücke besteht aus pontonartigen, recht lockeren Einzelteilen, die auf und ab führen. Tapfer fahre ich sehr langsam hinüber und hole den Schlüssel ab. Der Weg zum gewählten Haus im gemächlichen Tempo auf einer einspurigen Straße, die vorbildlich gepflastert ist, zeigt mir, was mich die nächste Zeit erwartet: Radwege, die eigentlich aus der einspurigen Straße eine zweispurige machen.
 
wortfeilchen
 
PS: Das habe ich nun davon: Die holländische Entspanntheit fehlt mir ebenso wie die Nordseebrise und das Einkaufen mit dem Fahrrad. Fazit: Zivilisation wird maßlos überschätzt.